Bereits im Februar hatte der russische Präsident Wladimir Putin (70) angekündigt, dass die neue Interkontinentalrakete Sarmat noch in diesem Jahr einsatzbereit sei. Die RS-28-Rakete, die von der Nato auch Satan II genannt wird und mit mehreren Atomsprengköpfen bestückt werden kann, hat eine Reichweite von 18'000 Kilometern – genug, um jedes Ziel auf der Welt zu erreichen.
«In diesem Jahr werden die ersten Trägerraketen des Sarmat-Raketensystems in Betrieb genommen», sagte Putin ein Jahr nach dem Einmarsch in die Ukraine. Nach einer Reihe von fehlgeschlagenen Tests ist es jetzt offenbar so weit. Am Mittwoch enthüllte Putin vor Uniformierten im Kreml, dass die Sarmat-Raketensysteme «in naher Zukunft ihren Kampfeinsatz aufnehmen». Die Sarmat-Interkontinentalrakete – 35,5 Meter lang, mit einem Durchmesser von 3,5 Metern – gilt als die tödlichste Waffenentwicklung seit Ende des Kalten Krieges.
Sarmat-Raketen scheinen klar überdimensioniert für den Ukraine-Einsatz. Mit ihrer Einsatzbereitschaft droht Putin unverhohlen der Nato, dem Westen, der ganzen Welt. «Ich kann mir vorstellen, mit welch saurem Gesichtsausdruck die Generäle diese Nachricht im Pentagon aufgenommen haben», kommentierte dazu Viktor Baranets, der Kriegskorrespondent der russischen Zeitung «Komsomolskaja Prawda». «Bald werden die Sarmat-Systeme mit einer neuen schweren Rakete den Kampfeinsatz in Russland aufnehmen. Dies gab Wladimir Putin am 21. Juni bekannt.»
«Perfekte Waffe der neuen Generation»
Baranets zufolge kann eine Sarmat mit 10 bis 15 Gefechtsköpfen bestückt werden, darunter sogenannten Avangard-Hyperschallraketen, die 27-fache Schallgeschwindigkeit erreichen sollen – mehr als 33'000 Kilometer pro Stunde. «Es gibt kein Raketenabwehrsystem auf der Welt», so Baranets, «das eine mit so wahnsinniger Geschwindigkeit fliegende Rakete abfangen könnte.»
Eine Sarmat verfügt über ein Startgewicht von 208,1 Tonnen und kann 10 Tonnen an Gefechtsköpfen aufnehmen. Laut Baranets «die perfekte Waffe einer neuen Generation». Der dreistufige Raketenträger sei so leistungsstark, dass er Satelliten in die Erdumlaufbahn bringen könne. Baranets spricht von sogenannten «Orbital-Bombardements» – wenn eine Rakete nicht auf der kürzesten Flugbahn zum Ziel fliegt, sondern auf einer beliebigen Route, selbst über den Nord- oder Südpol, und dabei alle installierten Raketenabwehrsysteme und -radare umgehe.
Unmittelbar nach dem Start steigt die Rakete auf eine Höhe von 14 Kilometern, erfasst das Ziel und deaktiviert dann das Radarsystem. Auf dem Scheitelpunkt der Laufbahn macht sich der Gleiter selbständig – und soll trotz extremer Geschwindigkeiten und Temperaturen über 1500 Grad manövrierfähig bleiben. Das Flugobjekt befindet sich dann in einer Plasma-Blase, die es extrem beweglich macht und gleichzeitig von der Aussenwelt abschirmt. Bei der Annäherung ans Zielobjekt sinkt das Projektil auf eine Höhe von nur 10 bis 15 Metern, unsichtbar für Luftverteidigungssysteme.
Könnte Frankreich auslöschen
Baranets gerät ins Schwärmen über die «totale Zerstörungskraft» der Rakete. 15 Sarmat-Sprengköpfe mit je 750'000 Tonnen Sprengkraft, das seien mehr als 11 Megatonnen TNT: «Mit einfachen Worten: Eine Sarmat ist in der Lage, ein Gebiet von der Grösse Frankreichs oder des US-Bundesstaates Texas zu zerstören.»
Sarmat sei eine «hochfähige strategische Waffe», warnte schon im März der US-Luftwaffengeneral Glen D. VanHerck (62), Kommandeur des United States Northern Command. Das neue russische Raketensystem rechtfertige «die entscheidende Bedeutung einer modernen und zuverlässigen strategischen Abschreckung der USA».
Kreml warnt vor nuklearem Zusammenstoss
Zeitgleich zu Putins Ankündigung warnte am Mittwoch auch Marija Sacharowa (47), Sprecherin des russischen Aussenministeriums, vor einer nuklearen Eskalation: Die aggressive Politik der Vereinigten Staaten und der Nato könne zu einem «direkten bewaffneten Zusammenstoss zwischen Atommächten» führen, so Sacharowa laut der russischen Nachrichtenagentur Tass.
Die grösste Gefahr bestehe darin, dass der Westen versuche, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen. «Dabei erhöhen die USA und die Nato den Einsatz und werden immer tiefer in eine militärische Konfrontation hineingezogen.»