Kosovarin (40) erlebt Todes-Drama auf Shishapangma mit
«Wie unvorsichtig Menschen sein können!»

Vier Menschen sterben in zwei Lawinen am 8027 Meter hohen Shishapangma. Eine kosovarische Bergsteigerin erlebt das Drama mit – und kritisiert die Risikobereitschaft der Rekordjäger.
Publiziert: 12.10.2023 um 01:36 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2023 um 20:46 Uhr
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Uta Ibrahimi kritisiert die Risikobereitschaft der Bergsteigerinnen.
Foto: Facebook

Anna Gutu (†33) und Gina Marie Rzudlico (†45) wollen jeweils die erste US-Amerikanerin sein, die alle 14 Achttausender bezwungen hat. Beide müssen dazu nur noch den Shishapangma besteigen. Doch am vergangenen Samstag kommts zur Tragödie.

Gutu und ihr nepalesischer Bergführer Mingmar Sherpa geraten etwa 200 Meter unterhalb des Gipfels in eine Lawine. Nur zwei Stunden später werden Rzudlico (†45) und ihr Guide Tenjen «Lama» Sherpa von einer Lawine mitgerissen. 

«Ich kann nicht verarbeiten, was passiert ist»

Die kosovarische Bergsteigerin Uta Ibrahimi (40) erlebt das Drama hautnah mit. Sie ist die erste Frau aus dem Kosovo, die auf dem Mount Everest stand und wollte nun auch den Shishapangma bezwingen. Sie äussert sich auf Facebook zu den Ereignissen am Berg. 

Sie schreibt: «Meine lieben Freunde, ich bin nicht ok, aber ich bin am Leben.» Der Shishapangma sei zwar der niedrigste Achttausender, gelte wegen seiner vielen Lawinen aber als besonders gefährlich. «Ich kann immer noch nicht glauben und verarbeiten, was wirklich passiert ist.» 

Sie sei mit ihrem Team seit Ende September am Berg gewesen, habe sich akklimatisiert. Danach seien mehrere Teams eingetroffen, und sie habe vom Wetteifern der Frauen gehört. 

Rekordjägerin setzt trotz Lawinengefahr Aufstieg fort

Am Tag des Aufstiegs sei sie um 4 Uhr morgens vom Basislager aufgebrochen. «Ich war direkt hinter den drei grossen Teams». Sie haben schliesslich eine Höhe von 7600 Meter erreicht. «Ich sah die erste Lawine und war entsetzt, als ich erfuhr, dass sie drei Menschen mit sich gerissen hat, darunter Anna und Mingmar!» Sie sei so schockiert gewesen und habe lange überlegt, was zu tun sei. 

Sie habe sofort ihr Ziel, den Gipfel zu erreichen, abgebrochen. Aus Respekt vor den toten Bergsteigern und weil es zu unsicher war. Sie habe sich dann auf den Rückweg gemacht – und habe zu ihrem Entsetzen gesehen, dass trotz des Unglücks die andere Rekordjägerin, Gina Marie Rzudlico, ihren Aufstieg fortsetzte.

«Ich bin entsetzt»

Ibrahimi schreibt: «Nach einiger Zeit sah ich die andere Lawine, die grosse, die vom Gipfel kam und Lama und Gina mitriss!» Sie könne nicht glauben, dass in nur drei Stunden vier Menschen gestorben seien. «Ich bin entsetzt. Wie unvorsichtig Menschen gegenüber einem riesigen Berg sein können – und für was?» 

Ibrahimi schreibt, dass der Alpinismus ein grundlegendes Problem hat. «In den letzten Jahren habe ich immer wieder gehört, dass bei der Art und Weise, wie das Klettern im Himalaya geworden ist, eine grosse Tragödie passieren wird und die Leute vielleicht anfangen werden, darüber nachzudenken.» Das sei nun passiert. «Mein Herz ist gebrochen.» (neo) 


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