Er kämpfte sich alleine durch die Pyrenäen, ohne Handy oder angemessene Kleidung: Nach sechs Jahren konnte sich der 2017 entführte Alex B.* (17) einer spirituellen Kommune entziehen. Am Montag brach er sein Schweigen und sagte: «Ich bin froh, an Weihnachten hier zu sein.» Die Feiertage wird der Teenager bei seiner Grossmutter in England verbringen, die auch seine Erziehungsberechtigte ist.
Nun kommen immer mehr Details über seine abenteuerliche Flucht ans Licht: Auf seiner Wanderung durch die Berge hat der Jugendliche offenbar nach britischen Ausweisdokumenten gesucht. Denn: Er wollte unbedingt in die Schule gehen und «ein normales Leben führen».
Er brauchte einen Ausweis
Alex B. war 2017 mit seiner Mutter Melanie B. (43) und seinem Grossvater David (64) aus Grossbritannien abgereist, um Ferien in der Nähe der spanischen Stadt Marbella zu machen. Doch anstatt sich am Strand zu sonnen, landete der Bub in einem abgelegenen Ferienhaus. Seine Mutter soll Mitglied einer «spirituellen Kommune» gewesen sein. Laut «The Sun» lebte die Kommune völlig abgeschnitten von Zivilisation und Bildung im französischen Weiler La Bastide.
Alex B.s Grossvater arbeitete als Handwerker in dem Haus und erhielt im Gegenzug Kost und Logis. Seine Mutter gehörte zu der nomadischen «spirituellen Gemeinschaft» in der Region Ariege und Aude.
Ein Paar, das ebenfalls in dem Ferienhaus gewohnt haben soll, äusserte sich via Facebook zum Auftauchen des Jungen. Die beiden hätten den Teenager nur als «Zach» gekannt. Sie schrieben: «Er wollte Computerwissenschaften studieren und deshalb unbedingt zur Schule gehen. Er wollte wieder ein normales Leben führen.» Dafür habe Alex seinen Ausweis gebraucht, den er anscheinend nicht mehr hatte.
«Er wollte einen Weg finden, um nach Grossbritannien zu gelangen»
Sie beschreiben den 17-Jährigen als netten Jungen, der gern gekocht hat und freundlich war. «Wir haben ihm angeboten, ihn zum britischen Konsulat zu fahren», offenbart das Paar. «Er sagte uns jedoch, dass er selbst einen Weg finden würde, nach Grossbritannien zurückzukehren. Dort wollte er neue Papiere beantragen und wieder zur Schule gehen.» Diese Konversation haben sie am 10. Dezember geführt. Danach hörten sie nichts mehr von ihm – bis sie seine Geschichte in den Medien gelesen haben.
Am Wochenende konnte der Teenager seine Grossmutter endlich wieder in die Arme schliessen. Für die 68-Jährige sei das Wiedersehen überwältigend gewesen, wie eine Quelle «The Sun» mitteilte. «Sie hat Alex als kleinen Jungen zum letzten Mal gesehen und jetzt ist er ein strammer Teenager geworden.» Beim Treffen seien viele Tränen geflossen.
Derweil ermittelt die Polizei weiter. Es soll geklärt werden, ob Alex Opfer eines Verbrechens geworden ist. (ene)
*Name bekannt