Jedes Jahr Hunderte von Toten in der Schweiz
Dieses Virus ist viel schlimmer als Corona

Das neue Coronavirus hält die Welt in Atem. Auch in der Schweiz sorgt es für Verunsicherung. Dabei müsste man sich vor einem anderen tödlichen Virus viel mehr in Acht nehmen.
Publiziert: 29.01.2020 um 19:02 Uhr
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Aktualisiert: 31.01.2020 um 10:07 Uhr
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Gefährlich: Das Influenzavirus tötet jährlich Hunderte Menschen in der Schweiz.
Foto: Your_Photo_Today
Guido Felder

Millionenstädte werden abgeriegelt, Flüge nach China gestrichen, Touristen bleiben aus: Das Coronavirus stellt die Welt auf den Kopf. In der Schweiz ist man wegen der Gefahr aus China ebenfalls in Alarmbereitschaft. Bisher wurden 50 Verdachtsfälle abgeklärt – alle waren negativ. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mahnt zur Wachsamkeit, warnt aber vor Panik.

Praktisch im Schatten des Coronavirus grassiert in der Schweiz schon seit Wochen ein anderes potenziell tödliches Virus: das Influenzavirus. Es kommt jeden Winter und kann die Grippe auslösen. Jährlich sterben in der Schweiz daran Hunderte von Menschen, Tausende müssen sich im Spital behandeln lassen. Vor allem bei Schwangeren, Frühgeborenen, Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen und älteren Personen ist das Risiko erhöht.

Die möglichen, gefährlichen Komplikationen: Entzündung von Hals, Nasennebenhöhlen, Mittelohr, Lunge und Herzmuskel sowie neurologische Komplikationen.

Kurve zeigt steil nach oben

Zurzeit verzeichnet das BAG hochgerechnet 215 Erkrankungen pro 100'000 Einwohner, Trend steigend. Damit handelt es sich weiterhin um eine epidemische Grippewelle. Der Schwellenwert liegt bei 69 Grippeverdachtsfällen pro 100'000 Einwohner. Dieser Wert wird seit der zweiten Januarwoche überschritten. Die Anzahl Todesfälle werden erst nach Ende der Grippesaison erhoben.

Von dieser Seuche gibt es keine Bilder, die vollgeschütztes Pflegepersonal und am Boden liegende Patienten zeigen. Die Grippe schlägt im Stillen zu!

50 Millionen Tote vor hundert Jahren

Die Grippeviren gehören zu den gefährlichsten Erregern überhaupt – vor allem, wenn sie in neuen Formen auftauchen. Rund 50 Millionen Menschen raffte die Spanische Grippe 1917 und 1918 weltweit dahin. Bekannt ist auch die Schweinegrippe, die 2009 mehr über 200’000 Tote forderte.

Die Grippe ist sehr ansteckend. Durch Niesen, Husten oder Sprechen eines infizierten Menschen können die Viren in die Luft gelangen und von andern Menschen eingeatmet werden. Auch durch Händereichen und indirekten Kontakt, etwa über Türgriffe, ist sie übertragbar – selbst dann schon, wenn sich der Infizierte gar noch nicht krank fühlt.

Noch ist nicht ganz klar, wie sich das Coronavirus weiter verbreitet. Forscher vermuten, dass es sich ähnlich wie das Influenzavirus überträgt.

Grippe-Risiko viel höher

Corona oder Influenza: Was ist nun gefährlicher? Diese Frage kann Patrick Mathys, Leiter der Pandemievorbereitung beim BAG, nicht beantworten. Zu vage sei noch die Information über den in China aufgetauchten neuen Erreger, der sich zurzeit ausbreitet. Mathys: «Es herrscht eine verschobene Risiko-Wahrnehmung. Man hat das Gefühl, dass das Coronavirus viel schlimmer sei als das Grippevirus. Zurzeit ist aber in der Schweiz das Risiko, an einer Grippe zu erkranken oder gar daran zu sterben, viel höher.»

Das BAG empfiehlt Risikogruppen, sich im Herbst jeweils mit einer Impfung gegen eine Grippe zu schützen. Je nach Saison, Stärke der Grippe und Person schätzt das BAG die Wirksamkeit auf 20 bis 80 Prozent. Für das neue Coronavirus nützt diese Impfung nichts. Man schätzt, dass für diese Krankheit frühestens in einigen Monaten ein Impfstoff vorliegt.

Darum schlägt die Grippe im Winter zu

Wie genau die Viren zwischen einzelnen Personen übertragen werden, ist noch nicht vollständig erforscht. Ein Forschungsprojekt soll nun Licht ins Dunkel bringen. Es ist bekannt, dass der direkte Kontakt mit einer infizierten Person oder Tröpfchen, die beim Atmen produziert werden, dabei eine Rolle spielen. Dass der Übertragungsweg aber auch von umweltbedingten Faktoren wie beispielsweise Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhängig ist, darüber ist noch wenig bekannt, wie es im Newsletter der Universität Zürich (UZH) heisst.

So komme es im Winter viel häufiger zu Übertragungen als im Sommer. Ein interdisziplinäres Forscherteam möchte nun verstehen, wieso sich Grippeviren in der kalten Jahreszeit so wohl fühlen und welche Rolle dies bei der Verbreitung und Übertragung spielt.

«Einerseits spielt die Temperatur eine Rolle, andererseits die Luftfeuchtigkeit», wird Professorin Silke Stertz vom Institut für Medizinische Virologie der Universität Zürich im Newsletter zitiert. Bei Trockenheit im Winter seien die Grippeviren stabiler und deshalb die Ausbreitung effizienter. Unbekannt sei jedoch der Mechanismus, der dahinter stecke. «Wir möchten herausfinden, was mit den Viren unter solchen winterlichen Bedingungen im Vergleich zu sommerlichen genau passiert.» (SDA)

Wie genau die Viren zwischen einzelnen Personen übertragen werden, ist noch nicht vollständig erforscht. Ein Forschungsprojekt soll nun Licht ins Dunkel bringen. Es ist bekannt, dass der direkte Kontakt mit einer infizierten Person oder Tröpfchen, die beim Atmen produziert werden, dabei eine Rolle spielen. Dass der Übertragungsweg aber auch von umweltbedingten Faktoren wie beispielsweise Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhängig ist, darüber ist noch wenig bekannt, wie es im Newsletter der Universität Zürich (UZH) heisst.

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