Drei Jahrzehnte lang schien Matteo Messina Denaro (61) wie vom Erdboden verschluckt. Dem Boss der Bosse der sizilianischen Cosa Nostra gelingt es in dieser Zeit, ein Imperium aufzubauen. Sein Vermögen wird auf fünf Milliarden Franken geschätzt.
Auch die Schweiz spielte dabei eine entscheidende Rolle – als vorübergehender Aufenthaltsort, Absatzmarkt von kostbarer Hehlerware, aber auch als effektive Geldwaschanlage. Das belegen die Geständnisse früherer Mafiosi, sogenannten Pentiti.
Mit der Raubkunst ernährte der Mafiaboss seine Familie
Die «Swiss Connection» beginnt bereits mit Denaros Vater. Francesco Messina Denaro (1928–1998) war seinerseits schon Mafiaboss. Don Ciccio liess Ausgrabungsstätten und Tempel plündern. Später kamen Diebstähle in Museen dazu. Die Beute gelangte über den Sizilianer Gianfranco B.* (83) nach Basel. Von dessen Antiquitätenladen, der Galerie Palladion, wurden von den 70er- bis in die 90er-Jahre geschmuggelte archäologische Fundstücke sowie Raubkunst an internationale Museen und Privatsammler verkauft.
Später übernahm Matteo Messina Denaro das Geschäft. Im Zuge einer Mafia-Ermittlung wurden 2001 fünf Lagerhallen in Basel versiegelt und Tausende antike Kunstgegenstände beschlagnahmt. Obwohl Gianfranco B. im Verdacht stand, von Basel aus ein Heer von Raubgräbern zu dirigieren, wurde der Sizilianer nie verurteilt.
Vom illegalen Kunsthandel im grossen Stil erzählt auch der berühmte Ex-Mafioso Giovanni Brusca (59). Die Schweiz sei der Hauptumschlagplatz der Cosa Nostra gewesen. Auch der Boss selbst sei mehrmals nach Basel gereist – unter anderem, um Schweizer Kriegswaffen zu kaufen.
Millionen auf Konten gewaschen
Auch im Tessin hinterlässt die Cosa Nostra Spuren. Bereits im August 1993 wurde in einer Pizzeria in Arbedo-Castione der Mafia-Anwalt Antonio M.* (77) verhaftet und im November darauf nach Italien ausgeliefert. Grund der Rechtshilfe: M. habe Schwarzgeld von Matteo Messina Denaro über Konten in Lugano gewaschen.
Im Vorfeld der Expo 2015 in Mailand (I) wurden dann plötzlich Aufträge im Wert von 18 Millionen Euro an Unternehmen vergeben, die von Matteo Messina Denaro kontrolliert wurden. Teile des Geldes soll ein gewisser Domenico S.* (55), einst wohnhaft in Locarno, auf Tessiner Bankkonten aufbewahrt haben. S., ein Tessiner mit sizilianischen Wurzeln, habe Denaro mit Schweizer Kreditkarten versorgt und als Kurier gedient, zeigten Ermittlungen der süditalienischen Staatsanwaltschaft. 2018 wurde Domenico S., kurz Mimmo genannt, auf Sizilien wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilt.
Auch die Bundesanwaltschaft wird tätig. Im Rahmen einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe mit den Antimafia-Behörden von Palermo (I) eröffnet sie am 29. April 2014 ein Strafverfahren gegen unbekannt wegen des Verdachts der Geldwäscherei. Da die in der Schweiz durchgeführten Abklärungen nicht ausgereicht hätten, um einen Tatverdacht zu erhärten, sei das Strafverfahren am 4. Mai 2016 eingestellt worden, erklärt die Bundesanwaltschaft gegenüber Blick.
*Namen bekannt