Interview mit Reza Pahlavi, dem Sohn des ehemaligen Schahs von Persien
«Die Zeit wird kommen, in der ich in den Iran zurückkehre»

Der Sohn des ehemaligen Schahs von Persien kämpft im Exil für Frieden in Nahost. Gegenüber Blick sagt Reza Pahlavi (63), wie er sein Land aus der Misere führen würde, wie er zu Israel steht und was er von der Schweizer Vermittlung hält.
Publiziert: 12.05.2024 um 00:27 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2024 um 10:10 Uhr
Kronprinz Reza Pahlavi will den Iran in eine bessere Zukunft führen.
Foto: Zvg
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Guido FelderAusland-Redaktor

Als das iranische Regime in der Nacht auf den 14. April mehr als 300 Raketen und Drohnen in Richtung Israel abschoss, konnte Reza Pahlevi (63) nicht anders. Der Sohn des ehemaligen Schahs wandte sich in einem Schreiben an das iranische Volk und die Armee. Der Kronprinz rief in persischer Sprache die iranischen Streitkräfte dazu auf, alle Befehle von Religionsführer Ali Chamenei (84) abzulehnen, die den Iran in einen bewaffneten Konflikt hineinziehen könnten.

Im Interview mit Blick, das auf dem E-Mail-Weg geführt wurde, erklärt Reza Pahlevi, welche Hoffnung er für seine Heimat hat und warum er die Schweiz nicht nur loben kann. Zudem verrät er, ob er in die Fussstapfen seines Vaters treten will.

Reza Pahlevi, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die aktuelle Situation im Nahen Osten betrachten?
Auf der einen Seite Traurigkeit, auf der anderen Seite Hoffnung. Der Nahe Osten ist die Wiege der Zivilisation. So viele der wichtigsten Innovationen der Welt stammen aus unserer Region, doch heute werden unsere Menschen durch das klerikale Regime im Iran zurückgehalten. Es versucht, die gesamte Region in das finstere Mittelalter zurückzubringen. Aber ich bin hoffnungsvoll, denn die Jugend meines Landes erhebt sich gegen dieses kriminelle Regime, um unsere Nation und unsere Zivilisation zurückzuerobern und ihr den ihr gebührenden Platz in der Welt zurückzugeben.

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Reza Pahlavi ist der älteste Sohn des ehemaligen Schahs von Persien.
Foto: Zvg

Wie könnte der Konflikt gelöst werden?
Der einzige Weg zur Lösung des gegenwärtigen Konflikts im Nahen Osten und der zukünftigen Konflikte, die unvermeidlich sind, ist der Sturz der Islamischen Republik im Iran. Das iranische Volk hat gezeigt, dass es bereit ist, den Preis für die Freiheit zu zahlen.

Wie kann man dem iranischen Volk helfen?
Es fehlen ihm zwei Dinge: internationale Unterstützung und Führung. Für die erste Komponente brauchen wir einen kollektiven, strategischen Politikwechsel des Westens hin zu maximalem Druck auf die Islamische Republik und maximaler Unterstützung für das iranische Volk. Was die zweite Komponente betrifft, so werde ich mich weiterhin auf der internationalen Bühne für mein Land und meine Landsleute einsetzen und während der Übergangsphase als völlig neutraler Akteur fungieren, um einen friedlichen Übergang zu gewährleisten.

Wie stark ist der Protest im Iran?
Jeden Tag sehen wir Beispiele für zivilen Ungehorsam, in verschiedenen Formen. Die Iraner bereiten sich auf eine Runde von Protesten vor, die noch heftiger ausfallen werden als die, die wir nach der Ermordung von Mahsa Amini erlebt haben.

Für Teheran gilt Israel als Erzfeind. Wie ist Ihre Haltung gegenüber dem israelischen Staat?
Ich habe im vergangenen Jahr auf Einladung der Regierung Israel besucht und mich mit dem Präsidenten, dem Premierminister, Universitäten, Thinktanks und anderen Vordenkern getroffen. Ich reiste mit einer Friedensbotschaft und einer neuen Vision für die Zukunft des Nahen Ostens, die sogar über die bisher geschlossenen Abkommen hinausgeht. Meine Botschaft lautet Frieden und Wohlstand zwischen einem freien Iran, Israel und den arabischen Staaten unserer Region.

Irans Kronprinz

Reza Pahlavi (63) ist der älteste Sohn des 1979 gestürzten Schahs von Persien, Mohammad Reza Pahlavi (1919–1980) und der ehemaligen Kaiserin Farah Pahlavi (85). Er war 1967 zum Kronprinzen ernannt worden. Nach der Islamischen Revolution 1979 und der Flucht ins Exil liess er sich in den USA zum Kampfpiloten ausbilden und studierte Politwissenschaften. Er ist mit Yasmine Pahlavi (56) verheiratet und hat drei Töchter. Die Familie lebt, wie viele Exil-Iraner, im US-Bundesstaat Maryland. (gf)

Reza Pahlavi (63) ist der älteste Sohn des 1979 gestürzten Schahs von Persien, Mohammad Reza Pahlavi (1919–1980) und der ehemaligen Kaiserin Farah Pahlavi (85). Er war 1967 zum Kronprinzen ernannt worden. Nach der Islamischen Revolution 1979 und der Flucht ins Exil liess er sich in den USA zum Kampfpiloten ausbilden und studierte Politwissenschaften. Er ist mit Yasmine Pahlavi (56) verheiratet und hat drei Töchter. Die Familie lebt, wie viele Exil-Iraner, im US-Bundesstaat Maryland. (gf)

Wie soll sich der Iran entwickeln und welche Rolle soll das Land in Zukunft weltweit spielen?
Wir sind eine zu Recht stolze Nation, aber unser Patriotismus hat sich nie auf Fremdenfeindlichkeit oder Angst vor anderen Nationen gestützt. Vor der Islamischen Revolution von 1979 hatten wir gute Beziehungen sowohl zum West- als auch zum Ostblock, zu Amerika und der Sowjetunion, zu Indien und Pakistan, zu Israel und den Arabern und zu vielen anderen, die sich in verschiedenen Konflikten gegenüberstanden. Das kann man von vielen Nationen nicht behaupten. Das ist es, was wir für unsere Zukunft anstreben.

Wie sehen Sie die Beziehung des Irans zu Europa?
Angesichts unserer historischen Bindungen und der Ressourcen des Irans kann der Iran nicht nur ein Partner für den Frieden, sondern auch ein wichtiger Handels- und Wirtschaftspartner für Europa werden.

Würden Sie nach einem allfälligen Regimesturz selber in den Iran zurückkehren und die einstige Rolle Ihrer Eltern übernehmen? Oder wie sehen Sie Ihre Rolle in einem zukünftigen Iran?
Natürlich werde ich in den Iran zurückkehren. Diese Zeit wird kommen. Aber lassen Sie uns nicht das Pferd von hinten aufzäumen. Ich bewerbe mich nicht um ein politisches Amt; das sollte zurzeit niemand tun. Jetzt geht es allein darum, unser Land zu retten und nicht nach persönlichem Gewinn zu streben. Ich konzentriere mich heute auf meine Aufgabe, die darin besteht, den friedlichsten und kostengünstigsten Übergang zur Demokratie zu leiten und die Übergangszeit nach dem Regime zu überwachen.

Würden Sie das Land wieder Persien nennen?
Der Name unseres Landes ist Iran. Wir haben es seit Tausenden von Jahren Iran genannt. «Persien» war ein griechischer Name, der unserem Land vom Westen zugewiesen wurde. Geschichten, wonach der Iran seinen Namen «geändert» habe, sind schlichtweg unzutreffend und offen gesagt Propaganda.

Die Schweiz vermittelt zwischen Teheran und Washington. Wie beurteilen Sie diese Arbeit?
Anstatt mit einem gescheiterten Regime zu vermitteln, hoffen wir, dass unsere Schweizer Freunde über dieses Regime hinaus in die Zukunft blicken und sich an die Seite des iranischen Volkes stellen.

Ihre Eltern waren oft hier in den Ferien. Welche Beziehung haben Sie heute noch zur Schweiz?
Ich habe viele gute Erinnerungen an die Schweiz und war in den letzten Jahrzehnten oft dort. Was ich an den Schweizern besonders bewundere, ist ihre Arbeitsmoral und ihren Respekt für die Rechtsstaatlichkeit.


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