Infektionen können auch nach einer überstandenen Corona-Erkrankung fortdauern
Grosse Covid-Autopsiestudie findet Virus im ganzen Körper

Eine grossangelegte Autopsie-Studie legt dar, dass Covid nicht nur die Atemwege, sondern den ganzen Körper befallen kann. Das Virus wurde auch nach einer überstandenen Erkrankung überall im Körper nachgewiesen – was Long Covid erkläre.
Publiziert: 09.01.2023 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2023 um 11:37 Uhr
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Drei Jahre nach Auftauchen des Coronavirus ist noch immer nicht restlos geklärt, wie Covid über das Atemsystem hinaus verschiedene Organe infiziert.
Foto: Imago Images
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Verschwörungstheorien zu Covid-19 halten sich auch nach der Abschwächung der Pandemie. Eine schweigende Mehrheit lässt sich impfen. Andere sprechen weiter von einer Art Grippe. Laute Covid-Zweifler warnen, dass man sich gefährliche, nicht genügend getestete Impfstoffe spritzen lasse.

Mit dem Glauben, dass Covid mehr oder weniger ein Hirngespinst sei, räumt jetzt eine erstmalige Studie auf. In der bisher umfassendsten Autopsie-Gewebestudie überhaupt haben Forscher Spuren des Sars-CoV-2-Virus im gesamten menschlichen Körper gefunden, vom Gehirn über das Herz bis hin zu den Augen.

Die in «Nature» veröffentlichte Forschungsarbeit deutet darauf hin, dass das Virus in vielen Teilen des Körpers fortdauernde Infektionen verursachen kann; Infektionen, die noch Monate nach der Ersterkrankung auftreten können und auch Long Covid erklären. Zu dessen Behandlung, so die Studie, müssten eigene antivirale Medikamente entwickelt werden.

Virusbelastung im ganzen Körper

Drei Jahre nach dem Auftreten des neuartigen Virus arbeiten Wissenschaftler noch immer daran, genau zu verstehen, wie das Virus mit dem menschlichen Körper interagiert. Ein Rätsel bleibt, wie Covid über das Atemsystem hinaus verschiedene Organe infiziert. Die im Dezember publizierte US-Studie will jetzt nachweisen können, dass Sars-CoV-2 bei einigen Patienten eine systemische Infektion verursachen und über lange Zeit im Körper fortdauern kann.

Im Rahmen dieser von US-Wissenschaftlern durchgeführten Untersuchung wurden 44 Patienten, die an Covid-19 starben, obduziert. Die Studie konzentrierte sich auf die Entnahme von Gewebe kurz nach dem Tod aus einer Vielzahl von verschiedenen Körperstellen. Die Sezierung des Gehirns und das Blitzeinfrieren von frischem Gewebe ermöglichten den Forschern den Nachweis des Virus in Zellkulturen ausserhalb des Atmungssystems, einschliesslich des Hirns.

Erregerzellen konnten an 84 verschiedenen Stellen im Körper nachgewiesen werden, mit der höchsten Belastung im Atemwegs- und Lungengewebe. Das Virus wurde aber auch im Gehirn, im Darm, im Herzen, in der Niere, im Auge, in der Nebenniere und in den Lymphknoten festgestellt.

Körpergewebe auch nach überstandener Erkrankung gefährdet

Das untersuchte Gewebe stammte von Patienten in verschiedenen Stadien der Infektion, vom frühesten Stadium – weniger als 14 Tage nach Auftreten der Symptome – bis zu neun Monaten nach der akuten Erkrankung.

Alle obduzierten Fälle waren älter, nicht geimpft und litten an zahlreichen Begleiterkrankungen. Sie wurden im ersten Jahr der Pandemie untersucht.

Damit ist zwar nicht klar, ob sich neue Virusvarianten bei geimpften, jüngeren Menschen auf ähnliche Weise verbreiten. Die Studie zeigt jedoch deutlich, dass sich das Virus durch Gewebe im gesamten Körper verbreiten kann, einschliesslich des Gehirns.

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