In der Nacht streiften sie durch die Wälder
Das geheime Jagdgeschäft der Polizistenmörder

Nach dem Mord an zwei Polizisten in Deutschland kommen immer mehr Details ans Licht. Neue Informationen zeigen, dass die Täter im grossen Stil illegal auf die Jagd gingen und tonnenweise Wildfleisch verkauften.
Publiziert: 04.02.2022 um 19:46 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2022 um 10:27 Uhr
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Der mutmassliche Polizistenmörder Andreas S. verdiente viel Geld mit dem illegalen Handel von Wildfleisch.
Foto: Polizei

Bei einer regulären Verkehrskontrolle im deutschen Kusel kommt es am Montagmorgen zu einem Schusswechsel – zwei junge Polizisten werden dabei getötet. Der Vorfall löste eine Welle des Entsetzens aus. Inzwischen gehen die Ermittler davon aus, dass die beiden Schützen Andreas S.* (38) und Florian V.* (32) das Feuer nur deshalb eröffneten, um ihr illegales Jagdgeschäft zu vertuschen.

Nun wurde bekannt: Im Transporter, den die Polizisten kontrollieren wollten, lagen 22 tote Damhirsche. Andreas S. soll seit Jahren einen Fleischhandel gross aufgezogen haben. Wie die «Bild» berichtet, fanden die Ermittler bei ihm tonnenweise Wildfleisch – verpackt und verkaufsbereit. Alles ohne Erlaubnis.

Jährlich 500 Tiere geschossen

Bereits in der Vergangenheit geriet Andreas S. immer wieder ins Visier der Polizei, auch wegen Wilderei. Er soll jährlich bis zu 500 Tiere geschossen haben, darunter Wildschweine, Rehe und Hirsche. Dabei hat der Deutsche weder eine Waffenbesitzkarte noch einen Jagdschein.

Wie der «Spiegel» berichtet, soll er mit seinem illegalen Geschäft zwischen September 2021 und Januar 2022 insgesamt 40'000 Euro eingenommen haben. Verkauft haben soll er die Ware unter anderem auch in seiner Bäckerei, die später Konkurs ging. Sein Gehilfe Florian V., der für ihn die erlegte Beute schleppte, bekam nur einen kleinen Anteil der Einnahmen. Laut dessen Verteidiger soll er gerade mal zehn Euro pro Tier bekommen haben.

Militärische Nachtsichtgeräte

Dieter Mahr (55) ist Präsident des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz und selbst Jäger. In den vergangenen Jahren hörte er in seinem Jagdrevier immer wieder Schüsse, die er keinem seiner Jagdkollegen zuordnen konnte, wie er der «Bild» berichtet.

Mahr glaubt, dass es Andreas S. war, der nachts durch die Wälder streifte. Und er glaubt, dass S. dafür mit modernster Technik ausgestattet war, darunter mit Nachtsichtgeräten vom Militär. Solche seien für Privatpersonen eigentlich verboten, sagt er. Damit ist jetzt Schluss. Andreas S. und sein Komplize wurden verhaftet. Ihnen wird gemeinschaftlicher Mord vorgeworfen.

Grosse Anteilnahme für tote Polizisten

Mit einer bundesweiten Schweigeminute hat die Polizei am Freitag der beiden ermordeten Kollegen gedacht. Geladene Gäste bei einer nicht öffentlichen Veranstaltung in Kusel waren die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Landesinnenminister Roger Lewentz. Dreyer sagte vor dem Beginn des Gedenkens, dass die Solidarität unter den Kollegen gross sei.

«Diese grausame Tat schweisst die Polizeifamilie noch stärker zusammen», sagte die Regierungschefin. Sie und Lewentz sprachen der Polizei sowie Familien und Freunden der beiden Opfer ihre Anteilnahme aus. «Ich bin mir sehr bewusst darüber, dass Worte in einer solchen Situation kaum trösten können», sagte Dreyer.

Razzia im Raum Idar-Oberstein

Neben der Solidarität gebe es vor allem im Netz aber auch Hass. «Wir erleben im Netz gerade widerwärtige Dinge», sagte Dreyer. Dass die Tat von manchen bejubelt werde, sei «menschenverachtend» und «schlimm». Die Landesregierung stehe vor und hinter der Polizei. «Wir werden weder Beleidigungen noch Drohungen dulden».

Lewentz sagte, dass es in der Nacht zum Freitag eine Razzia im Raum Idar-Oberstein gegen einen Mann gegeben habe, der im Zuge der Tat zu Morden an Polizisten aufgefordert habe. «Er hat dazu aufgerufen, Polizeibeamte auf Feldwege zu locken und sie dort zu beschiessen», sagte er. Das Verfahren gegen ihn laufe.

* Namen bekannt

«Mutmassliche Mordwaffen waren eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr»
2:16
Anwalt zum Polizistenmord:«Mutmassliche Mordwaffen waren eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr»
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