Die Schlächter der russischen Söldnertruppe Wagner haben wieder zugeschlagen. Am Wochenende veröffentlichte ein Wagner-naher Telegram-Kanal ein Video, das die Exekution eines russischen Deserteurs mit einem Vorschlaghammer zeigen soll. Vor drei Monaten sorgte ein ähnliches Video der Wagner-Truppe für weltweites Aufsehen.
Das neue Video zeigt mutmasslich die Hinrichtung des Ex-Häftlings Dmitri Jakuschtschenko (†44), der von der Gruppe direkt aus einem russischen Gefängnis rekrutiert worden war. Jakuschtschenko verbüsste eine 19-jährige Haftstrafe wegen Mordes und erhoffte sich durch den Kriegseinsatz eine vorzeitige Entlassung. Im November ergab er sich dann aber in der Nähe von Bachmut den ukrainischen Streitkräften und wurde laut der russischen Plattform Agentstwo kurz darauf im Rahmen eines Gefangenenaustauschs an Russland ausgeliefert.
Wirres Statement von Wagner-Chef
«Ich wurde bewusstlos geschlagen und erwachte hier in diesem Raum, wo man mir sagte, dass man mir den Prozess machen würde», sagt der Ex-Wagner-Söldner im Hinrichtungsvideo, bevor ein Unbekannter mit einem Vorschlaghammer dreimal auf seinen mit Klebeband fixierten Kopf schlägt. Die letzten Sekunden des professionell gefilmten Videos sind verpixelt.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (61) liess Anfang Woche Zweifel daran aufkommen, ob die Hinrichtung wirklich echt ist. In einem wirren Statement sagte er, die «Kinder machten doch nur Spass». Am Mittwoch veröffentlichte die Söldnertruppe auf Telegram ein neues Video, das Prigoschin persönlich an der Seite des lebenden Jakuschtschenko zeigt. Wann das Video aufgenommen worden ist und ob die Exekution tatsächlich nur gespielt war, lässt sich nicht eruieren.
Besser weiterkämpfen als zu desertieren
Laut dem Kriegspsychologen Thomas Elbert (72) aus Konstanz (D) steckt hinter der Veröffentlichung des mutmasslichen Hinrichtungsvideos ein Kalkül. «Mit dem Video wollen die Täter sagen: Seht her, wie grausam und hässlich wir sein können!», sagt der Experte zu Blick. Das Video richte sich sowohl an die ukrainischen Feinde als auch an die eigene Truppe. «Es soll ja nicht der Gedanke aufkommen, es könnte besser sein, zu desertieren, als weiterzukämpfen.»
Jene russischen Kämpfer, die bereits im Blutrausch seien, würden vom Video wohl in ihrem Tun bestätigt, erklärt Elbert. «Gleichzeitig aber kann solches Material dazu führen, dass die Kämpfenden sich untereinander nicht mehr trauen, weil sie wissen, wie unberechenbar gewisse Kombattanten sind, die gerne quälen.»
«Bestrafe einen, erziehe Tausend»
Neu sei diese Form der Kriegspropaganda allerdings nicht, sagt der Psychotherapeut und frühere Kriegsreporter Eugen Sorg (73) zu Blick. «Vom chinesischen Machthaber Mao Zedong, einem der grössten Massenmörder der Geschichte, stammt das Leitmotiv ‹Bestrafe einen, erziehe tausend›», so Sorg. Dass Wagner seine Deserteure nicht einfach vergleichsweise gnädig erschiessen lässt, sondern sie mit Vorschlaghämmern hingerichtet werden, zeige, wie sehr er Abtrünnige verachtet.
Dieses Verhalten kenne man schon aus zurückliegenden Kriegen, erklärt Sorg. Schon die Roten Khmer, eine Guerilla-Gruppe in Kambodscha, hätten Spione und sogenannte Volksfeinde in den 1970er-Jahren auf die «Killing Fields» geführt und mit Gewehrkolben und Eisenstangen erschlagen.
Klare Botschaft an Putin
Grundsätzlich trage der Mensch leider ein «reiches evolutionäres Arsenal an destruktiven, bösartigen, aggressiven Impulsen in sich», sagt Sorg. «Wenn ihm in einer regelfreien Situation die Möglichkeit geboten wird, diese Triebe auszuleben, dann braucht es ein robustes Moralkorsett, um ihnen nicht nachzugeben.»
Aus genau diesem Grund könne das Wagner-Video auch als Werbemassnahme für die Söldnertruppe gesehen werden. Schon der Islamische Staat habe mit seinen Exekutionsvideos Kämpfer mit sadistischen Neigungen in den Kriegsdienst gelockt. «Die Aussicht auf sanktionsfreie Gewalt dürfte auch jetzt wieder verlockend wirken bei einem ganz bestimmten Publikum.»
Mehr zur Wagner-Truppe
Eugen Sorg sieht im neuen Wagner-Video zudem eine Botschaft an Kreml-Machthaber Wladimir Putin (70), dem die Wagner-Führung vorwirft, im Krieg viel zu zurückhaltend zu reagieren. «‹So macht man das›, scheinen die barbarischen Aufnahmen dem Oberkommandierenden der russischen Invasionsarmee mitzuteilen», sagt Sorg.