Deutscher Bundestag will Mega-Investitionen in die Verteidigung
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Abstimmungsresultat im Video:Bundestag will Mega-Investitionen in die Verteidigung

Historische Abstimmung im Bundestag
Deutschland sagt Ja zu Mega-Investitionen in die Verteidigung

Am Dienstag wurde im Deutschen Bundestag über neue Milliardenschulden abgestimmt. Das Votum war ein Test für die geplante Zusammenarbeit von Union und SPD.
Publiziert: 18.03.2025 um 10:39 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2025 um 16:39 Uhr
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Steht vor der wichtigsten Abstimmung seines Lebens: Der wahrscheinliche nächste Bundeskanzler, Friedrich Merz (CDU).
Foto: IMAGO/Future Image

Darum gehts

  • Bundestag stimmt über 500-Milliarden-Euro-Schuldenpaket und viel Geld für Verteidigung ab
  • Union und SPD brauchen Zustimmung des alten Bundestags für Schuldenpaket
  • Bundestag stimmt mit grosser Mehrheit für Schuldenpaket
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
18.03.2025, 16:00 Uhr

Ergebnis ist da

Nach 20 Minuten spannenden Wartens ist das Ergebnis da: Die Parteien im Bundestag haben für die drei vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen von Union und SPD gestimmt und damit grünes Licht für ein milliardenschweres Kreditpaket für Investitionen in Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz gegeben. Von den 720 abgegebenen Stimmen entfielen 513 auf Ja und 207 auf Nein. Die Grundgesetzänderungen erhielten damit die nötige Zweidrittelmehrheit. Über das Paket wird am Freitag allerdings auch noch im Bundesrat abgestimmt.

Bei Verteidigung und Infrastruktur gibt es in Deutschland einen riesigen Investitionsstau. Nun soll die Schuldenbremse, die der Neuverschuldung des Staates enge Grenzen setzt, für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert werden. Für alle Ausgaben in diesen Bereichen, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen Kredite aufgenommen werden.

Ausserdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur – also Brücken, Energienetze, Strassen oder Schulen – bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen fest in Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fliessen. Das Geld darf aber nur fliessen, wenn im normalen Kernhaushalt eine angemessene Investitionsquote gilt.

18.03.2025, 15:59 Uhr

Bundestag stimmt über Grundgesetzänderungen

Die Abgeordneten haben ihre Stimmen abgegeben. Nun werden die Stimmzettel ausgezählt. 

Für die geplanten Grundgesetzänderungen sind 489 Stimmen erforderlich. Die aktuelle Regierungskoalition aus SPD, CDU/CSU und Grünen verfügt über 520 Stimmen im Bundestag, wie der Spiegel berichtet. Dies übertrifft die benötigte Zweidrittelmehrheit um 31 Stimmen. Die Verteilung der Mandate: SPD 207, CDU/CSU 196 und Grüne 117 Abgeordnete.

18.03.2025, 15:34 Uhr

Nun geht es zur lang erwarteten Abstimmung

Bei namentlichen Abstimmungen im Bundestag kommt ein farbcodiertes Kartensystem zum Einsatz. Die Abgeordneten verfügen über drei Karten: Rot für Ablehnung, Weiss für Enthaltung und Blau für Zustimmung. Diese werden in die Wahlurne eingeworfen und von Schriftführern ausgezählt. 

Eine Besonderheit ist der Barcode auf jeder Stimmkarte. Dieser ermöglicht nach dem Einscannen eine schnelle Veröffentlichung des individuellen Abstimmungsverhaltens. Dieses System gewährleistet Transparenz und Effizienz im parlamentarischen Prozess.

Foto: keystone-sda.ch
18.03.2025, 15:30 Uhr

Mit grosser Mehrheit: FDP-Änderungsantrag abgelehnt

Auch der nächste FDP-Antrag ist abgelehnt. Für den Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der SPD und Union gibt es keine Mehrheit. Abgegeben wurden 718 Stimmen.

18.03.2025, 15:18 Uhr

Jetzt FDP-Änderungsantrag – Abstimmung zu Schwarz-Rot-Vorschlag folgt

Im Anschluss wird zu einem weiteren Antrag der FDP abgestimmt. Es handelt sich um einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der SPD und Union. Die entscheidende Abstimmung auf die Europa wartet, soll im Anschluss folgen.

Foto: Getty Images
18.03.2025, 15:04 Uhr

FDP-Antrag mehrheitlich abgelehnt

Der FDP-Antrag zur Errichtung eines Verteidigungsfonds wurde abgelehnt. Abgegeben wurden 717 Stimmen. Davon 87 Ja-Stimmen und 627 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen.

18.03.2025, 15:02 Uhr

Nächster Programmpunkt: Entscheidung über FDP-Antrag

Zunächst soll über den FDP-Antrag entschieden werden. Der Antrag der Liberalen sieht die Schaffung eines Verteidigungsfonds von bis zu 300 Milliarden Euro vor. Dies würde eine erhebliche Aufstockung des Verteidigungsbudgets bedeuten.

18.03.2025, 14:59 Uhr

BSW-Antrag wurde abgelehnt

Bei einer nicht namentlichen Abstimmung zu einem BSW-Antrag («Nein zur Kriegstüchtigkeit, ja zur Diplomatie») wurde dieser durch Handzeichen abgelehnt.

Ende des Livetickers

Es ging um enorm viel heute im Deutschen Bundestag. Einerseits sollte ein neues Schuldenpaket im Umfang von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur bewilligt werden. Andererseits sollte die Schuldenbremse gelockert werden, um neue Ausgaben für die Verteidigung zu ermöglichen. Am Ende stimmten 513 Abgeordnete für das Milliarden-Paket. Es erhielt damit die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Jetzt ist klar: Es war die teuerste Abstimmung aller Zeiten im Deutschen Bundestag.

Die beiden Ausgabenposten waren Kernpunkte, auf welche sich CDU, CSU und SPD bei den Gesprächen für eine neue Regierung geeinigt haben. Hätte es heute ein Nein zu den neuen Schulden gegeben, dann wäre die geplante Koalition zwischen Union und SPD vor einem Scherbenhaufen gestanden. Denn wären Union und SPD damit gescheitert, wäre ihnen das finanzielle Fundament für die nächste Regierung weggebrochen.

Schicksalsstunde für Europa

Damit wäre die Zukunft Deutschlands unklar gewesen. Ob dann noch eine Regierung zwischen Union und SPD möglich gewesen wäre, hätte in den Sternen gestanden. Ein Zusammengehen mit der AfD hatte Merz aufgrund der Brandmauer zuvor ausgeschlossen. Mehrere Parteien hätten ein Scheitern heute nutzen können, um auf Neuwahlen zu drängen. Sie hätten argumentieren können, dass ein neues Mandat des Volkes nötig sei, um die Blockade zu lösen.

Damit wäre Deutschland vor einer Zeit grosser politischer Unsicherheit gestanden. Gerade jetzt, wo Wladimir Putin (72) und Donald Trump (78) den Druck bereits stark erhöht haben. Nur wenn Deutschland militärisch aufrüstet, kann Europa mehr Selbstständigkeit erlangen. Ein Vakuum in Berlin wäre für die europäische Stabilität ein grosses Problem – und damit auch für die Schweiz.

«Wir Europäer müssen erwachsen werden»

«Wir Europäer müssen erwachsen werden, wir müssen Verantwortung übernehmen», sagte SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius (65) am Dienstag bei der kontroversen Debatte im Bundestag. Die heutige Abstimmung dulde keinen Aufschub. «Bedrohungslage steht vor Kassenlage», so Pistorius. Mit den neuen Schulden werde nicht die Zukunft verkauft, sondern gesichert.

Sehr kritisch äusserte sich AfD-Co-Chef Tino Chrupalla (49). «Mit diesen peinlichen Aktionen haben Sie ihre Glaubwürdigkeit komplett verspielt», sagte er zu CDU-Chef Friedrich Merz (69). Die Wähler fühlten sich betrogen. Die CDU von Friedrich Merz werde so zur Fortsetzung der Merkel-CDU. «Es ist ein Weiter-So in den Niedergang Deutschlands», sagte Chrupalla.

Neue Regierung braucht alte Parlamentarier

Speziell ist dabei: Die neuen Schulden wurden noch vom «alten» Bundestag bewilligt, also auch von Parlamentariern, die bei den Wahlen im Februar abgewählt wurden. Grund dafür: Für die Änderungen am Grundgesetz, die nötig sind, braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Und im neu gewählten Bundestag werden AfD und Linke gemeinsam eine Verhinderungs-Macht haben. Deshalb musste CDU-Chef Merz das Schuldenpaket noch in der alten Zusammensetzung durchpeitschen. Der neu gewählte Bundestag wird dann in einer Woche, am 25. März, erstmals zusammentreten.

Mit der heutigen Abstimmung stand die geplante neue Regierungskoalition aus Union und SPD noch vor ihrem Start vor einer grossen Bewährungsprobe. Er sei zuversichtlich, dass die Zweidrittelmehrheit zustande kommen werde, sagte Merz nach einer Sitzung der Unionsfraktion am Montag. Auch in der Sitzung vom Dienstag zeichnete sich bereits eine Mehrheit ab.

Am Freitag muss auch im Bundesrat, der Länderkammer, die Hürde von zwei Dritteln der Stimmen genommen werden. Dort scheint diese Mehrheit aber garantiert.

Eilanträge ohne Erfolg

Am Montag scheiterten in Karlsruhe mehrere Versuche, den Beschluss des Bundestags Dienstag zu stoppen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf mehrere Eilanträge von AfD, Linke, FDP und dem BSW gegen die geplante Abstimmung.

Union und SPD hatten sich am vergangenen Freitag nach langem Ringen mit den Grünen verständigt, die für die Zweidrittelmehrheit im Bundestag gebraucht werden. Sie wollen das Grundgesetz an mehreren Stellen ändern lassen: Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch teilweise unter die Schuldenbremse fallen. Auch die Bundesländer sollen mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen.

Zudem soll im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert werden. Es wird von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert. Davon sind 100 Milliarden Euro für die Bundesländer und weitere 100 Milliarden Euro für Massnahmen zum Klimaschutz vorgesehen. Dies war ein Zugeständnis an die Grünen.

Theoretische Mehrheit von 31 Stimmen

Union, SPD und Grüne haben zusammen 31 Abgeordnete mehr, als sie für die Zweidrittelmehrheit brauchen. Allzu viele Abweichler durfte es also nicht geben. Speziell in der CDU waren die Vorhaben aber umstritten – auch weil Merz im Wahlkampf die Schuldenbremse noch vehement verteidigt hatte.

So kündigte der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja (49) an, dass er dem Finanzpaket nicht zustimmen werde. Die Grundgesetzänderung sei «nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich», sagte der scheidende Bundestagsabgeordnete dem News-Portal «The Pioneer».

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