Herausgeputzt – für ein paar Tage
Für den Biden-Xi-Gipfel ist San Francisco plötzlich sauber

San Francisco hat sich rechtzeitig zum Biden-Xi-Gipfel herausgeputzt. Die einstige Perle am Pazifik ist seit Jahren für Drogenkriminalität und Elend in den Strassen bekannt. Jetzt erstrahlt die Metropole im alten Glanz – für ein paar Tage.
Publiziert: 15.11.2023 um 02:42 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2023 um 07:31 Uhr
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Viel Aufwand für den Handschlag zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und seinem Gastgeber, US-Präsident Joe Biden.
Foto: AFP
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Das einstige Juwel an der US-Pazifikküste San Francisco macht seit Jahren Schlagzeilen – wegen steigender Kriminalität und schmutziger Strassen im Sog der Fentanyl-Drogenkrise. Ganze Stadtviertel sind verslumt, Menschen meiden selbst die Downtown aus Angst, ausgeraubt zu werden. Doch plötzlich strahlt San Francisco im alten Glanz. Der Grund: Die kalifornische Küstenmetropole empfängt heute US-Präsident Joe Biden (80) und Chinas Präsident Xi Jinping (70) zum US-China-Gipfel.

Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom (56) hatte den Zeitpunkt der Säuberung öffentlich zu rechtfertigen. Am Montag gab er unumwunden zu, dass die hohen Gäste für saubere, sichere Strassen sorgen: «Ich weiss, dass die Leute sagen: ‹Oh, die räumen hier nur auf, weil all diese schicken Staatsmänner in die Stadt kommen», so Newsom vor Medien. «Das ist wahr, weil es wahr ist.»

Auf Twitter meinte ein Wirtschaftsinfluencer höhnisch: «Die (dort regierenden) Demokraten haben San Francisco für die Kommunisten herausgeputzt.»

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«Komplett renovierte US-Stadt»

Biden und Xi trafen schon am Dienstag in einem weit saubereren San Francisco ein als der Stadt, an die sich Einheimische gewöhnt haben. In den Strassen sind keine Obdachlosencamps, keine offenen Drogenmärkte, keine Müllhalden mehr zu sehen.

Die Behörden haben monumentale Anstrengungen unternommen, um San Francisco für das mit Spannung erwartete Gipfeltreffen zwischen Biden und Xi herauszuputzen. Das Treffen findet im Rahmen des Jahresgipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (Apec) statt.

Ob es Biden «nicht peinlich sei, dass eine amerikanische Stadt komplett renoviert werden muss, um für seine auswärtigen Gäste vorzeigbar zu sein», war der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan (46) am Montag bei einer Pressekonferenz im Weissen Haus gefragt worden.

Glanz von kurzer Dauer

Der Glanz dürfte von kurzer Dauer sein, zumal Gouverneur Newsom ja kein Geheimnis daraus macht, dass die Stadt nur aufpoliert wurde, um die Staats- und Regierungschefs der Welt zu beeindrucken. Trottoirs sind geräumt und makellos, vom in der Stadt herrschenden Elend keine Spur.

Wo eben noch verlotterte Zeltlager wucherten, Drogenverwahrloste und Obdachlose hausten, sind Hotspots wie Tenderloin und South of Market nicht wiederzuerkennen. Der Welt soll schliesslich, wie Gouverneur Newsom einräumte, ein guter Eindruck vermittelt werden.

Biden und Xi sprechen über Fentanyl

Fentanyl wird Thema sei bei Bidens und Xis erstem persönlichen Austausch seit einem Jahr. Die US-Regierung beschuldigt China, entscheidend zur Drogen-Epidemie Amerikas beizutragen – durch die Produktion von Fentanyl, das in Massen in die USA gelangt. Das synthetische Opioid ist 50 Mal stärker als Heroin und hat in den USA, insbesondere in San Francisco, zu einer verheerenden Drogenkrise geführt.

Das Rauschgift ist nach Angaben der US-Regierung inzwischen landesweit die häufigste Todesursache für Menschen zwischen 18 und 49 Jahren. Die Zahl der Menschen, die an einer Fentanyl-Überdosis starben, explodierte in den vergangenen Jahren. US-Behörden werfen Peking vor, ein Grossteil des Fentanyls oder seiner Bestandteile, das über mexikanische Kartelle in die USA geschleust werde, stamme aus China.

Peking wehrte sich bislang gegen solche Anschuldigungen und beteuerte, das Land habe die strengste Drogenpolitik der Welt. Ein ranghoher US-Regierungsbeamter stellte hierzu aber eine Vereinbarung in Aussicht, die Schritte «auf beiden Seiten» beinhalte. Sollte Biden Xi bei dem Thema zu Zugeständnissen bewegen können, wäre das ein für ihn innenpolitisch bedeutsam, gerade mit Blick auf die US-Wahl 2024.

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