Das Problem mit Handys ist, dass die Leute zu viel auf ihre Bildschirme starren. Das zumindest findet der Mann, der sie vor 50 Jahren erfunden hat. Martin Cooper (94), der «Vater des Handys» glaubt an das Potenzial von Mobiltelefonen, den Menschen zu helfen, zum Beispiel in der Medizin. Aber im Moment seien viele Menschen zu sehr auf die Geräte fixiert.
«Es macht mich fertig, wenn ich jemanden sehe, der auf sein Handy schaut, während er die Strasse überquert. Das ist doch wahnsinnig», sagt Cooper im Telefoninterview mit der Nachrichtenagentur AFP. «Vielleicht werden sie es begreifen, wenn ein paar Leute überfahren werden», scherzt der US-Ingenieur.
Cooper nutzt Apple-Uhr und iPhone, zum Beispiel um sein Hörgerät zu bedienen, und holt sich immer das neueste Modell. Aber er weiss auch: «Ich werde ein Handy nie im Leben so benutzen können wie meine Enkel und Ur-Enkel.»
Wettlauf um die Erfindung der ersten Mobiltelefone
Das iPhone hat nicht mehr viel gemeinsam mit dem kiloschweren Block aus Kabeln und Schaltkreisen, mit dem Cooper am 3. April 1973 das erste mobile Telefongespräch der Welt führte. Er arbeitete damals für Motorola, sein Team befand sich in einem Wettlauf um die Erfindung der ersten Mobiltelefon-Technologie.
Mit einem Millionen-Investitionsprojekt wollte Motorola die Firma Bell Systems überrunden, die seit der Erfindung des Telefons 1877 den US-Markt beherrschte. Die Ingenieure bei Bell hatten schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die Idee eines mobilen Telefons verfolgt und Ende der 60er Jahre Autotelefone auf den Markt gebracht.
Aber Cooper beschloss 1972, ein Gerät zu entwickeln, das sich überall benutzen liess. Sein Team aus Experten für Halbleiter, Transistoren, Filter und Antennen arbeite drei Monate lang Tag und Nacht, bis es Ende März einen Durchbruch erzielte und das mobile Telefon DynaTAC vorstellte (Dynamic Adaptive Total Area Coverage – ein dynamisch angepasstes Netz, das die gesamte Fläche abdeckt).
Das erste Telefon kostete 5000 US-Dollar
«Das Telefon wog mehr als ein Kilo, die Batterie hielt nur 25 Minuten. Aber es war eh so schwer, dass man es nicht 25 Minuten ans Ohr halten konnte», erzählt Cooper. «Ich stand also auf Sixth Avenue (in New York) und plötzlich hatte ich die Eingebung, meinen Gegenspieler bei Bell, Joel Engel, anzurufen. Und ich sagte: ‹Joel, hier ist Martin Cooper. Ich rufe dich hier von einem mobilen Telefon an. Aber von einem echten mobilen Telefon, das tragbar ist und man in der Hand halten kannst.› Schweigen am anderen Ende. Ich glaube, er knirschte mit den Zähnen.»
Die ersten Mobiltelefone kosteten zwar noch 5000 Dollar, gaben den ersten Nutzern aber einen unschätzbaren Vorteil, beispielsweise Maklern. «Anscheinend machen Makler zwei Dinge: Sie zeigen Leuten Häuser und sie beantworten telefonische Anfragen. Jetzt konnten sie das beides gleichzeitig tun», lacht Cooper.
Er war sicher, dass Handys die Welt verändern
Nach Ansicht ihres Erfinders verbessern Handys die Lebensqualität und könnten noch sehr viel mehr tun. «Wir können davon ausgehen, dass Handys die Bildung und die Gesundheitsversorgung revolutionieren werden. Das klingt jetzt vielleicht übertrieben, aber in ein bis zwei Generationen werden wir Krankheiten unter Kontrolle bringen.»
So wie sein Fitnesstracker heute schon beim Schwimmen seine Herzfrequenz messen und sein Handy seine Hörgeräte steuern könnten, werden Mobiltelefone nach Coopers Überzeugung eines Tages mit einer Vielzahl von Körpersensoren verbunden sein, um Krankheiten zu registrieren, bevor sie fortschreiten.
Auch wenn das nicht mehr viel mit Coopers Monstrum DynaTAC zu tun hat, war er sich schon damals sicher, dass es die Welt verändern würde. Und das Problem der Fixierung auf den Handy-Bildschirm beunruhigt ihn nicht wirklich. «Als das Fernsehen rauskam, waren die Leute wie hypnotisiert.» Jetzt sei das nicht mehr so. «Jede Generation wird schlauer. Die Menschen werden lernen, das Handy effizienter zu nutzen. Menschen bekommen alles irgendwann raus.» (AFP)