Jetzt wird die Schweiz zum mitentscheidenden Schauplatz der Unruhen rund um die algerischen Präsidentschaftswahlen vom 18. April. Die Gretchenfrage: Tritt der greise Präsident Abdelaziz Bouteflika (82) zu den Wahlen um eine fünfte Präsidentschaft an? Er herrscht seit 1999.
Im Namen einer nicht näher identifizierten Algerierin hat der Schweizer Ableger der Nichtregierungsorganisation Anwälte ohne Grenzen einen Antrag eingereicht, Bouteflika einen oder mehrere Beistände zu geben. Diese sollen dessen Gesundheitszustand abklären.
Der Antrag ging bei der Kindes- und Erwachsenschutzbehörde (Kesb) von Genf ein. Grund: Während in der Heimat Tausende gegen eine erneute Kandidatur von Bouteflika demonstrieren, liegt dieser seit Ende Februar im Genfer Unispital (BLICK berichtete).
«Urteilsunfähig»
Laut Bouteflikas Entourage geht es dabei um Routine-Abklärungen, ihm gehe es gut. Doch an dieser Version bestehen Zweifel: Bouteflika hat sich seit einem Schlaganfall vor sechs Jahren kaum mehr in der Öffentlichkeit gezeigt.
«Es ist offensichtlich, dass der algerische Präsident heute urteilsunfähig ist, sich in einer sehr prekären gesundheitlichen Lage befindet und dass alle seiner Aktionen nicht von ihm selbst ausgeführt wurden, sondern von seinem politischen und familiären Umfeld», zitiert die Nachrichtenagentur AFP Saskia Ditisheim, die Schweizer Präsidentin von Anwälte ohne Grenzen.
Wie dringend ist es?
Aus diesem Grund sei klar, dass Bouteflika seine Kandidatur nicht selbstbestimmt eingereicht habe. Zu seinem eigenen Schutz brauche er darum einen Vormund. Wie Ditisheim gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte, könne man ganz klar von Freiheitsberaubung sprechen.
Ob die Kesb den Antrag anerkennt und wie sie entscheidet, ist völlig unklar. Die AFP zitiert den Genfer Justiz-Professor Nicolas Jeandin: Normalerweise sei es nach der Haager Konvention Sache der algerischen Justiz, über eine Vormundschaft für einen ihrer Bürger zu entscheiden.
Die Frage sei jedoch, ob ob die Kesb eine Dringlichkeit erkenne. Falls dies der Fall sei, könne sie zugunsten der «schutzbedürftigen Person» trotzdem aktiv werden. (kst)