Die Gerüchte um Kim Jong Uns (36) Gesundheit reissen nicht ab. Der südkoreanische Oppositionspolitiker Chang Song Min (56) behauptet: Nordkoreas Diktator soll bereits seit Monaten im Koma liegen – und die Kontrolle über das Land liege nun in den Händen von Kims kleiner Schwester Kim Yo Jong (32).
Die Belege von Song Min, der früher den liberalen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung (1924–2009) beriet, sind dünn. «Ich würde den Gerüchten nicht allzu viel Glauben schenken. Was wir sehen, sind wilde Spekulationen», sagt die ehemalige CIA-Analystin und Nordkorea-Expertin Jung H. Pak (45) zu BLICK.
Doch hat der Oppositionelle recht, könnte das verheerende Folgen haben. «Kim Jong Uns Tod könnte schnell zu einer Situation führen, in der wir konkurrierende Lager haben, einen Militärputsch, generelle Instabilität oder einen Kampf um die Nuklearwaffen des Landes», sagte Pak (45) bereits im Juli in einem Gespräch mit BLICK. China, Südkorea und die USA könnten sich in einem solchen Fall einmischen.
Das bitterarme und international isolierte Nordkorea befindet sich in einer Dauer-Krise – verschlimmert durch die Pandemie. Ein Grossteil der Nordkoreaner ist unterernährt, die Uno warnt vor einer Hungersnot. Laut einem vom «Standard» zitierten südkoreanischen Medienbericht wurden Parteifunktionäre vor kurzem aufgefordert, ihre «dekadenten» Haustiere an Zoos und Restaurants abzugeben – um nicht den Neid der hungernden Bevölkerung auf sich zu ziehen.
«Nach meiner Einschätzung liegt er im Koma»
Auf Facebook schreibt der Südkoreaner Song Min: Die Meldung des südkoreanischen Geheimdienstes, wonach der nordkoreanische Machthaber seiner Schwester weitreichende Befugnisse – etwa zu den Beziehungen mit Südkorea und den USA – gegeben habe, passe nicht zu einem «theokratischen System» mit nur einem Führer. Derartiges könne es nur geben, «wenn Kim im Bett läge und sich in einem Zustand befände, in dem er nicht mehr regieren könnte oder wenn es einen Putsch gegeben hätte».
«Nach meiner Einschätzung liegt er im Koma, aber sein Leben ist noch nicht zu Ende», bekräftigte Chang seine Vermutungen gegenüber südkoreanischen Medien. «Eine vollständige Nachfolgestruktur hat sich aber nicht herausgebildet, sodass Kim Yo Jong in den Vordergrund gerückt wird, da das Vakuum nicht über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden kann».
Die neusten Berichte des südkoreanischen Geheimdienstes, der Diktatoren-Schwester Yo Jong als «De-facto-Führerin Nummer zwei» bezeichnet, widersprechen dieser Darstellung. Kim Jong Un habe nach wie vor «absolute Autorität», hiess es bei einem Informationsgespräch im Parlament. Durch Übertragung von Befugnissen für die Staatsgeschäfte solle Kim Jong Un Arbeitsstress abgenommen und «die Schuld für den Fall des politischen Scheiterns» von ihm abgewendet werden.
Kims Schwester tritt aggressiv auf
Auch die ehemalige CIA-Analystin Jung H. Pak beobachtet die Diktatoren-Schwester. Es sei «sehr interessant», wie Jong Un seine Schwester in den vergangenen Jahren diplomatisch eingebunden habe, sagte Pak zu BLICK. Seit dem Frühjahr habe sich ihre Rolle nochmals verändert. «Sie hat sich regelmässig öffentlich geäussert: Sie hat gedroht, war aggressiv, hat Militäraktionen angeordnet.»
In Nordkorea gilt die Nachfolger-Regelung: Auf einen Kim folgt ein Kim aus derselben Dynastie. Weil Jong Uns eigene Kinder noch zu jung sind, wird Diktatoren-Schwester Yo Jong trotz des patriarchalen Systems immer wieder als Nachfolgerin gehandelt.
Südkoreanischer Politiker hält Kim-Fotos für unecht
Bereits im Frühjahr wurde über eine Covid-19-Erkrankung oder eine dramatische Herzerkrankung des nordkoreanischen Machthabers spekuliert. Verwunderlich wäre es nicht: Der übergewichtige Raucher Jong Un, der auf etwa 36 Jahre geschätzt wird, ist in keiner guten Form. Sein Body Mass Index liegt bei etwa 45, damit wäre er fettleibig. Übergewicht spielt bei vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle und führt nach bisherigen Erkenntnissen auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus zu einer höheren Sterblichkeit.
Das nordkoreanische Regime reagierte auf die Gerüchte im Frühjahr mit neuen Fotos. Nach wochenlanger Funkstille meldete sich der Oberste Führer im Mai quasi mit der Eröffnung einer Düngemittelfabrik zurück. Die neusten Fotos stammen von einer Sitzung des Zentralkomitees der Partei – sie sind nach Angaben der Regierung sechs Tage alt. Doch für den südkoreanischen Politiker Chang ist klar: Alle neueren Fotos von Kim Jong Un sind «fake».