Über 100 Meter lang, Anschaffungskosten von über 300 Millionen Dollar: Das sind die Eckdaten der Super-Yacht «Amadea». Die US-Behörden gehen davon aus, dass sie dem russischen Oligarchen Suleiman Kerimow gehört (56). Dieser unterhält enge Beziehungen nach Luzern und geriet vor einigen Jahren wegen fragwürdiger Immobiliendeals in die Schlagzeilen. Sein Vermögen wurde vor zwei Jahren auf 25 Milliarden Dollar geschätzt – mehr besass laut «Forbes» kein Russe. Seit Mitte März steht Kerimow wegen seiner engen Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) auf der Sanktionsliste der EU, der USA und der Schweiz.
Derzeit steht die «Amadea» vor Fidschi. Kurz nach der Invasion hat das Super-Schiff gemäss US-Justizministerium sein automatisches Informationssystem, mit dem es geortet werden kann, ausgeschaltet und fuhr über die Weltmeere. Doch dann endete die Überfahrt von Mexiko nach Australien plötzlich in der Nähe der Inselgruppe. Aufgrund fehlender Zollfreigaben wurde die Yacht festgesetzt und in den wenig glamourösen Containerhafen von Lautoka, der drittgrössten Stadt des Pazifikstaats, gebracht. Dort wollten die USA das Schiff beschlagnahmen. Die Besitzer der Yacht legten dagegen Berufung ein.
«Mächtige Zürcher Anwältin» betreut Briefkastenfirmen
Es entwickelte sich ein Krimi, der zwei Fragen beantworten musste: Wem gehört die Superjacht «Amadea»? Und können die USA das Luxus-Schiff wirklich beschlagnahmen?
Die erste Frage ist dabei die entscheidende. Wem das Schiff gehört, ist nämlich nicht klar. Als Besitzer werden Briefkastenfirmen vorgeschoben. Wie der «Tages-Anzeiger» nun berichtet, stehen dahinter Briefkastenfirmen und ein Trust, der von einer Zürcher Anwältin betreut wird. Die Frau wird als «mächtig» und «nicht unbekannt» beschrieben. Jahrelang habe sie eine grosse Veranstaltung zum Thema der Verwaltung russischer Vermögen geleitet.
Besitzer soll ein anderer reicher Russe sein
Am 24. April dieses Jahres habe sie ein Schreiben verfasst, laut dem ihre Firma die Verwalterin des Trusts und sie selber Verwaltungsrätin der zwei Briefkastenfirmen sei, über welche die «Amadea» gehalten werde. Zudem schreibe sie, dass Kerimow «nach meinem besten Wissen» nie an den Firmen und dem Trust beteiligt gewesen sei.
Stattdessen soll ein anderer Russe und Klient von ihr das Mega-Schiff – Unterhalt: rund 25 Mio Dollar pro Jahr – gekauft haben: Eduard Chudainatow (61). Auch er besitzt sehr viel Geld, steht aber im Gegensatz zu Kerimow auf keiner Sanktionsliste. Was bedeuten würde, dass die USA die «Amadea» nicht beschlagnahmen könnten.
Diese bezeichnen Chudainatow darum als «sauberen, nicht sanktionierten Strohmann», den man eingesetzt habe, «um die wahren Eigentümer von Megayachten zu verstecken».
Chudainatow soll noch zweite Jacht besitzen, USA glauben das nicht
Die Anwälte der Briefkastenfirma nutzen den Namen von Chudainatow nicht zum ersten Mal für einen solchen Fall. Bereits im Zusammenhang mit der «Scheherazade», die noch immer im italienischen Marina Di Carrara festsitzt, argumentierten sie mit ihm. Auch bei diesem Schiff wird ein anderer Eigentümer vermutet – und zwar kein Geringerer als Putin selbst.
Die US-Ermittler sagen, Chudainatow könne gar nicht so viel Geld haben, um beide Yachten gekauft zu haben. Als Beweise legten sie dem Gericht auf Fidschi unter anderem Gespräche mit Angestellten der Yacht vor, die sagten, dass nur Kerimows Familie auf dem Schiff gewesen sei. So sei zum Beispiel die Tochter gemäss der Crew zusammen mit ihren Kindern im Januar auf dem Schiff gewesen, als sie vor der karibischen Insel St. Barts ankerte.
Anwältin legt Mandate nieder – Krimi beendet?
Mit den Recherchen konfrontiert, sagt die Anwältin sagt dem «Tages-Anzeiger», sie habe ihre Mandate für den Trust und die Briefkastenfirmen niedergelegt. Kein anderer Mitarbeiter ihrer Firmen sei tätig für die Yachtfirmen und den Trust. Die vorherige «historische» Tätigkeit sei vollständig im Einklang mit Schweizer und internationalen Gesetzen erfolgt, inklusive der Anti-Geldwäscherei-Vorschriften.
Das Gericht auf Fidschi glaubte nun der Strohmann-Version. Die einstweilige Verfügung gegen die Beschlagnahmung wurde am Dienstag aufgehoben und die «Amadea» den US-Behörden übergeben. Die übernahmen umgehend das Kommando über das Schiff und fuhren es aus den Gewässern von Fidschi hinaus.
Der oberste Richter Kamal Kumar sagte weiter, aufgrund der Beweislage seien die Chancen der Anwälte auf eine Berufung vor dem Obersten Gericht sehr gering. (vof)