China, mutmassliches Ursprungsland der globalen Coronavirus-Pandemie, scheint diese grösstenteils überstanden zu haben. Die Welt hatte den Atem angehalten, als im Januar Bilder um die Welt gingen, wie China mit dramatischen Massnahmen das Virus bekämpfte. Kaum jemand im Westen rechnete damals damit, dass sich das Virus längst über den Erdball auch nach Europa eingeschleppt hatte und in ein paar Wochen Lockdowns folgen sollten. Jetzt steht Europa womöglich vor einer neuen zweiten Welle von Lockdowns. Und die Chinesen haben das Virus längst unter Kontrolle gebracht.
Ein harter Lockdown war es, mit dem China Covid-19 in den Griff bekam. Offiziell gibt es kaum noch Neuinfektionen mit dem Sars-CoV-2-Virus. Experten zufolge ist dies umfangreichen Testkampagnen, konsequenter Nachverfolgung von Fällen und drastischen Quarantäne-Regeln zu verdanken – teils harsche Massnahmen, die in dem Überwachungs- und Polizeistaat China möglich sind. Persönlichkeitsrechte sind nebenrangig, Datenschutz gibt es nicht. Menschen können einfach gezwungen werden.
Schon, da und dort gibt es ab und zu wieder lokale Infektionsherde. Bei einer Gesamtbevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen sind diese zu vernachlässigen. Masken werden noch immer getragen, doch Abstandsregeln nicht mehr eingehalten. In Chinas Städten herrscht das übliche Gedränge und Markttreiben wie vor Corona. Es finden Partys, Kongresse, Veranstaltungen statt. China hat zudem längst mit Impfkampagnen begonnen; mit Impfstoffen, die nach westlichen Standards noch nicht genehmigt wären.
China stellt alle Industrieländer in den Schatten
Was den Ursprung des Virus angeht, gibt sich die chinesische Führung verschlossen. Einer Aufklärungsmission der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Einreise verboten. Berichterstattung im Land über die Hintergründe der Pandemie wird behindert.
Während der Westen unter neuen Ausgangssperren, Wirtschaftseinbrüchen und teils drastischen Massnahmen leidet, scheint China politisch und wirtschaftlich noch gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen. Der Einbruch in ersten Jahresquartal ist längst überwunden. Nach offiziellen Zahlen ist die Wirtschaft im dritten Quartal um robuste 4,9 Prozent gewachsen. «China ist die einzige grosse Volkswirtschaft auf der Welt, die einigermassen unbeschadet aus der Corona-Krise herauskommt», zitiert die «FAZ» Jörg Zeuner, Chefökonom von Union Investment.
Auch wenn Chinas offizielle Wirtschafts- und Corona-Zahlen mit Vorsicht zu geniessen sind: China stellt derzeit alle Industrieländer in den Schatten. Laut chinesischen Ökonomen wird ihr Land die USA im Jahr 2032 als die grösste Wirtschaftsmacht der Welt ablösen. Ein Aufstieg, den das China-Virus vielleicht noch beschleunigt. (kes)