Fridays for Future (FFF) setzt sich eigentlich für das Klima ein. Doch auch zum Krieg im Nahen Osten melden sich die Aktivisten zu Wort. Vermehrt wird der Organisation Antisemitismus vorgeworfen, da sie sich auf den sozialen Medien für die Rechte von Palästinensern einsetzt und Israel-kritisch äussert.
So schrieb Greta Thunberg (20) vergangene Woche auf X: «Heute streiken wir aus Solidarität mit Palästina und Gaza. Die Welt muss ihre Stimme erheben und einen sofortigen Waffenstillstand, Gerechtigkeit und Freiheit für die Palästinenser und alle betroffenen Zivilisten fordern.»
Dafür kassierte sie harsche Kritik. Einige warfen der Schwedin vor, Antisemitin zu sein oder das Massaker der Hamas zu verharmlosen. Sie entschuldigte sich und schrieb einen Tag später: «Es versteht sich von selbst – zumindest dachte ich das –, dass ich gegen die schrecklichen Angriffe der Hamas bin.»
«Neokolonialismus und Apartheid»
Auch der Rest der Klimabewegung hat mit Antisemitismusvorwürfen zu kämpfen, die von Israel-kritischen Posts angefacht werden. Fridays for Future hat auf ihrem internationalen Instagram-Profil einen Post veröffentlicht, in dem sie Israel scharf attackiert. So wirft sie dem Land einen «Genozid» an den Palästinensern vor. Der Beitrag löste eine Welle der Empörung aus.
Es ist nicht das erste Mal, dass FFF International sich gegen Israel stellt. So schrieb der Twitteraccount von FFF International im Januar etwa: «Seit Anfang des Jahres wurden mindestens 18 Palästinenser ermordet. Dies sind Ergebnisse des israelischen Neokolonialismus und der Apartheid. Wir als Fridays for Future stehen vereint auf der Seite der Palästinenser und des palästinensischen Widerstands.»
Der Post endete mit den Worten «Yallah Intifada!» – der Slogan wird weitgehend als Aufruf für bewaffneten Widerstand gegen Israel verstanden. Viele halten die Israel-Kritik für antisemitisch. FFF wird vorgeworfen, Juden zu hassen und sich auf die Seite der Hamas zu stellen.
Deutscher Ableger distanziert sich
Dabei könnten die Ideologien innerhalb von FFF nicht unterschiedlicher sein. Der deutsche Ableger schrieb demnach auf X, «Yallah Intifada» sei «purer eliminatorischer Antisemitismus» – und distanziert sich von FFF International.
Ebenso zeigen interne Chats, die der «Jüdische Allgemeinen» vorliegen sollen, dass sich selbst bei FFF International die Meinungen spalten. Besonders auffällig sei, dass die Israel-kritischen Posts meist vom gleichen Verfasser stammen: Hassan Ö.* aus Rheinland-Pfalz (D).
FFF International ist kein offiziell legitimierter Account der Klimaorganisation. Stattdessen handle es sich laut der Zeitung um ein paar Dutzend Aktivisten, die über eine Telegram-Gruppe kommunizieren. Einen Vorschlag, was auf dem X-Account gepostet wird, könne jeder machen. Meist würden letztlich aber nur eine Handvoll Mitglieder abstimmen.
Besonders aktiv ist Hassan Ö., der laut der Zeitung «regelmässig und vehement» darauf bestehe, über den Nahostkonflikt zu posten. Mindestens zehn solcher Einträge seien seit August 2021 auf ihn zurückzuführen – auch der vom Januar.
Aktivist beleidigt andere Mitglieder
Wenn ihn jemand kritisiert, soll Hassan Ö. ausfällig werden. «Du kleines rassistisches Stück Scheisse» soll er geschrieben haben, als ein Berliner Aktivist sich gegen den Post aussprach. Die anderen Mitglieder liessen es durchgehen – mehrfach.
Insbesondere FFF Deutschland ist Hassan Ö. ein Dorn im Auge. Laut ihm seien die Mitglieder rassistisch. Er selbst war Teil der Organisation – bis man ihn Anfang dieses Jahres herausschmiss. Gegenüber der Zeitung nennt FFF Deutschland Gründe: beleidigendes Verhalten, Antisemitismus und das Verharmlosen von Terror gegen Juden.
Hassan sagte hingegen zur Zeitung, er habe «rassistisches Mobbing» erlebt. Seine Israel-Haltung würde dem «linken Mainstream weltweit» entsprechen. Dass er ideologischen Einfluss auf FFF International habe, verneint er: «FFF International ist einheitlich Palästina-solidarisch aufgestellt und steht deshalb FFF Deutschland sehr kritisch gegenüber.» Ebenso verneint er, für die Israel-kritischen Posts mitverantwortlich zu sein.
Eine jüdische Aktivistin zeigt sich bedrückt: «Ich habe nicht den Eindruck, gehört zu werden. Würde ich versuchen, die Positionen der Gruppe zu Israel zu beeinflussen, würde ich von einer Handvoll Aktivisten an den Rand gedrängt werden.» (mrs)
*Name bekannt