Einem TV-Sender Beiträge unterschieben, Nachrichten vom Konto eines Wahlkampfmanagers versenden oder Schmutzkampagnen in sozialen Medien organisieren – all dies bietet nach Recherchen eines internationalen Reporter-Netzwerks ein diskret agierendes israelisches Unternehmen gut zahlenden Kunden an.
Die Journalistengruppe Forbidden Stories hat die Machenschaften des sogenannten «Team Jorge» aufgedeckt und Berichte darüber am Mittwoch unter anderem im «Spiegel», in der «Zeit», im ZDF und in «Le Monde» veröffentlicht.
Die Firma soll nach eigenen Angaben Politiker hacken und gross angelegte Lügenkampagnen für seine Auftraggeber fahren. Reporter haben sich während einer sechsmonatigen Undercover-Recherche als vermeintliche Interessenten ausgegeben. In fünf Videotelefonaten und an zwei Ortsterminen konnten die Journalisten tiefe Einblicke in die Manipulationsmöglichkeiten erlangen. Die Reporter haben erfahren, dass Schwachstellen im globalen Telefonnetz ausgenutzt werden, um auf private Konten Zugriff zu erlangen.
Drei goldene Regeln
Das Unternehmen soll demnach besonders bei Kunden aus den Bereichen Wirtschaft und Politik beliebt sein. Und den besonderen Service lasse sich die Firma gut bezahlen. Laut eigener Aussage habe das Unternehmen schon 27 Wahlen erfolgreich manipuliert, unter anderem in Kenia und Nigeria. Auch Fake-News-Kampagnen über politische Gegner oder Hacking-Angriffe sind im Angebot.
Tal Hanan, der Chef der Firma, ist ein israelischer Geschäftsmann und Ex-Militär. Er tritt unter dem Tarnnamen «Jorge» auf und steuert sein Unternehmen aus einem Bürogebäude, das sich in der Nähe des Flughafens von Tel Aviv befindet. Die Firma sei sogar in Ländern wie Griechenland, Bosnien, Indonesien und der Ukraine präsent, erzählt Hanan im Verkaufsgespräch mit den Undercover-Reportern des Recherchenetzwerkes. «Team Jorge» handle nach drei goldenen Regeln: 1. Aufträge in Israel werden nicht angenommen. 2. Keine Einmischung in die US-Politik. Und 3. Keine Einmischung in Putins Politik in Russland.
Armee von Fake-Konten
Sein Team besteht offenbar aus Experten in der Geheimdienst-Szene, darunter ehemalige Elite-Soldaten und Ex-Agenten. Laut eigener Aussage ist die Firma schon seit 1999 aktiv und soll gut mit mehreren Geheimdiensten vernetzt sein.
Um die Meinung im Netz zu manipulieren, verfüge das Unternehmen über eine «Armee von mehr als 30'000 glaubwürdig anmutenden Fake-Konten auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter», wie der «Spiegel» berichtet. Um ein Haar hätte die Firma sogar geholfen, Donald Trump (76) bei der Wahl zum Präsidenten 2016 zu unterstützen. Dafür war die Firma im Austausch mit Cambridge Analytica. Die britische Beratungsfirma, die mittlerweile nicht mehr existiert, hatte die Daten von rund 87 Millionen Facebook-Nutzern ausgewertet. Die Ergebnisse wurden unter anderem für den Wahlkampf des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump genutzt. Für ihren Einsatz hatte das «Team Jorge» offenbar zu viel Geld verlangt. Am Ende kam es nicht zu dem Deal. (lia)