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Fünf Wochen vor der US-Wahl ist der mächtigste Mann der Welt an Covid-19 erkrankt
Kostet ausgerechnet Corona Trump die Wahl?

Einen Monat vor der Wahl muss sich Trump wegen Covid-19 selbst isolieren. Die Erkrankung könnte sich massiv auf seinen Wahlkampf auswirken.
Publiziert: 02.10.2020 um 23:31 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2020 um 09:21 Uhr
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Das Virus macht auch vor dem Weissen Haus nicht halt: Donald Trump ist infiziert.
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Fabienne Kinzelmann

Washington, 33 Tage vor der Wahl. Es ist kurz vor Mitternacht, als der ohnehin spektakuläre US-Wahlkampf eine dramatische Wendung nimmt. US-Präsident Donald Trump (74) lässt auf Twitter die Bombe platzen: «Die First Lady und ich wurden heute Abend positiv auf Covid-19 getestet. Wir beginnen unverzüglich mit dem Quarantäne- und Erholungsprozess.» Und fügt hinzu: «Wir werden das ZUSAMMEN durchstehen.» Einen Wahlkampfauftritt in Florida sagte er gestern ab, ebenso ein Treffen mit Fans in Washington. Lediglich eine Telefonkonferenz wollte er wahrnehmen.

Wo sich das Ehepaar Trump angesteckt hat, ist noch unbestätigt. Wahrscheinlich ist: bei Hope Hicks (31), Ex-Kommunikationsdirektorin des Weissen Hauses und Trumps Vertraute, die ihn in den vergangenen Tagen stets begleitete. Ihre Infektion ist offenbar bereits seit Donnerstagmorgen bekannt – dennoch reiste Trump weiter durchs Land.

Damit ist nun erst mal Schluss. Trump muss ausgerechnet in der heissesten Phase des Wahlkamps auf unbestimmte Zeit in Quarantäne. Der Lautsprecher ist eingesperrt. Keine Rallys mit Tausenden Fans, keine hitzigen TV-Debatten. Kostet ihn nun ausgerechnet Corona die Wahl?

Joe Biden liegt national acht Prozentpunkte vorn

Die Corona-Erkrankung ist ein Albtraum für Trumps Wahlkampagne. Herausforderer Joe Biden (77) liegt national aktuell rund acht Prozentpunkte vorn. Ihn hatte Trump stets für seine Vorsicht in Sachen Corona verspottet. «Das Ende der Pandemie ist in Sicht», tönte Trump noch am Donnerstagabend – nur Stunden, bevor er selbst die Diagnose von sich und seiner Ehefrau bekannt machte.

Beschränkt sind nun vor allem erstmals seine eigenen Aussichten: Statt fleissig durch die US-Bundesstaaten zu touren – besonders durch die entscheidenden Swing States wie Florida –, kann Trump selbst erst mal keine öffentlichen Events abhalten. Während «Uncle Joe» Wahlkampf bei den Leuten machen kann, bleibt Trump nur Twitter.

Und wie viele von Trumps Beratern und Ministern sind insgesamt angesteckt? Republikaner-Chefin Ronna McDaniel (47) wurde laut Medienberichten ebenfalls positiv getestet. Vizepräsident Mike Pence (61) und Aussenminister Mike Pompeo (56) hingegen gaben am Freitag bekannt, negativ zu sein – allerdings kann ein Corona-Test auch erst ein paar Tage nach dem Kontakt positiv ausfallen. Laut US-Medien müsste praktisch der gesamte West Wing des Weissen Hauses in Quarantäne.

US-Wahl 2020: Trump-Herausforderer Joe Biden unter Zugzwang

Melania Trump: «Wir fühlen uns gut»

Dass Corona nun ausgerechnet den US-Präsidenten trifft, bewegt die Welt. Von Briten-Premier Boris Johnson (56) über AfD-Galionsfigur Alice Weidel (41) bis zu Türkei-Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (66): Sie alle schickten gute Wünsche über den Grossen Teich. Auch Herausforderer Joe Biden, der sich nach dem Kontakt in der TV-Debatte am Dienstag vorsichtshalber testen liess, aber nicht angesteckt wurde, bekundete Mitgefühl: «Jill und ich senden unsere Gedanken an Präsident Trump und First Lady Melania Trump für eine rasche Genesung. Wir werden weiterhin für die Gesundheit und Sicherheit des Präsidenten und seiner Familie beten.»

Bislang zeigt Donald Trump offenbar nur leichte Erkältungssymptome. Laut einem Tweet seiner Ehefrau Melania («Wir fühlen uns gut») ist ihr Gatte aktuell fit. Auch Leibarzt Sean Conley teilte mit, er erwarte, dass der US-Präsident «seinen Pflichten ohne Unterbrechung nachkommt, während er sich erholt».

Corona könnte Trump auch nützen

Trump wird nun engmaschig betreut. Alter und Gewicht des US-Präsidenten sind klare Risikofaktoren für einen schweren Verlauf: Laut seinem letzten Gesundheitscheck bringt er 111 Kilogramm auf die Waage. Sein Vorteil ist aber, dass ihm die besten Ärzte des Landes zur Verfügung stehen und dass diese mittlerweile mehr über Covid-19 wissen als noch im Frühjahr.

So zynisch es klingt: Kostet ihn die Erkrankung nicht das Leben, könnte sie Trump am Ende sogar nützen.

Aktuell lenkt die Neuigkeit von allen anderen Skandalen ab. Die unglaubliche Anzahl von mehr als 200'000 Corona-Toten in den USA? Die Tatsache, dass sich die Zahl der Neuinfektionen in den USA seit einem Monat nicht verbessert hat? Dass er über die Gefahr von Corona wusste und es bewusst runterspielte? Die irre TV-Debatte am Dienstag? Darüber spricht nun niemand mehr.

Seine Anhänger muss er nicht mehr überzeugen. Und die TV-Debatten haben ohnehin nur einen symbolischen Wert: Vor dem Auftakt am Dienstag sagten 70 Prozent der Amerikaner, dass die Debatte ihre Wahl nicht beeinflussen werde.

Und übersteht Trump die Erkrankung, steht er als starker Überlebender da. Als Kämpfer, der weiss, was das Volk durchmacht. Im besten Fall passt er hinterher seine Corona-Strategie an – so wie es Briten-Premier Boris Johnson im Frühjahr nach seiner schweren Erkrankung gemacht hat.

US-Wahlen 2020

Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.

Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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