Der Starkregen hat aufgehört, doch die Bilanz ist verheerend. Noch immer sind ganze Regionen in Deutschland überflutet, Dutzende Menschen werden vermisst – und mindestens 80 sind tot. Die Hochwasser-Katastrophe beschäftigt das Land und die Politik.
Kanzlerin Angela Merkel (66) meldete sich am Donnerstag gar extra aus Washington, wo sie US-Präsident Joe Biden (78) besuchte. Den Betroffenen der Hochwasser-Katastrophe sicherte sie Hilfe zu: «Wir werden sie in dieser schwierigen, schrecklichen Stunde nicht alleine lassen und werden auch helfen, wenn es um den Wiederaufbau geht.»
Doch das liegt nicht mehr lange in Merkels Hand: Am 25. September ist Bundestagswahl – und die Kanzlerin, die seit 16 Jahren an der Spitze Deutschlands steht, tritt nicht mehr an. Entsprechend sorgte ein Interview für Aufsehen, das ihr möglicher Nachfolger Armin Laschet (CDU, 60) am Donnerstag gab. Ein Journalist teilte einen peinlichen Moment daraus auf Twitter.
«Man ändert die Politik nicht wegen einem Tag»
«Entschuldigung, junge Frau. Weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik», sagt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat von CDU/CSU mit Blick auf Klima-Schutzmassnahmen in der WDR-Sendung «Aktuelle Stunde».
Noch streitet das Netz, ob er die bekannte Moderatorin Susanne Wieseler (52) tatsächlich mit einem herablassenden «junge Frau» abgekanzelt hat – oder schlicht ihren Namen vergessen und «Entschuldigung, Frau...» genuschelt hat.
Beides macht keine gute Falle.
Und ist auch zweitranging, denn die Aussage wirkt angesichts der deutschen Flutmassen verheerend: Ausgerechnet der Kanzlerkandidat und Ministerpräsident, in dessen Land mehrere Dutzend Menschen durch die Extremwetterlage ums Leben gekommen sind, relativiert den tagelangen Starkregen und die Fluten, die sich noch monatelang auf das Leben vieler Menschen auswirken könnten, als «so einen Tag», wegen dem man «nicht die Politik ändern» würde. Wenige Stunden zuvor hatte Laschet angesichts der Hochwasser-Katastrophe sogar noch selbst «mehr Tempo beim Klimaschutz» gefordert.
«Armin Laschet wird gerade zur Karikatur eines gescheiterten Politikers im 21. Jahrhundert», kommentierte die Schweizer Ökologie-Professorin Julia Steinberger von der Uni Lausanne auf Twitter. Laschet stelle die Industrie vor den Klimaschutz, reduziere die Auswirkungen der Klimakrise auf «einen Tag» und massregele die weibliche Interviewerin.
Laschet schweigt bisher zu Interview-Szene
Andere Nutzer werfen «t-online»-Journalist Patrick Diekmann, der die peinliche Szene geteilt hatte, hingegen eine «Kampagne» vor, um den Wahlkampf zu beeinflussen. Der verteidigt sich: «Ich habe das Laschet-Video gepostet, weil er meinte, dass sich durch die gegenwärtige Hochwasser-Katastrophe nichts an der Klimapolitik ändern müsse.» Die «Wut-Dynamik» im sozialen Netzwerk habe ihn überrascht. «Dachte, wir reden mehr über die Schwächen der deutschen Klimapolitik im Angesicht der aktuellen Katastrophe.»
Die Union versucht zu retten, was zu retten ist. «Niemand kann bezweifeln, dass diese Katastrophe mit dem Klimawandel zusammenhängt», sagte etwa Innenminister Horst Seehofer (CSU, 72) am Freitagmorgen im «Spiegel» – und forderte «mehr Tempo beim Klimaschutz».
Der Kanzlerkandidat selbst hat sich zu der Interview-Szene noch nicht geäussert. Am Donnerstag liess er sich dabei begleiten, wie er sich – ohne Krawatte, dafür mit Gummistiefeln – selbst ein Bild der Lage machte. «Das ist für die Menschen eine dramatische Lage», sagte der Kanzlerkandidat zu «Bild». Man tue alles, um ihnen zu helfen. (kin)