Trotz anhaltender Proteste von Umweltschutzorganisationen ist in Brasilien ein höchst maroder früherer Flugzeugträger im Atlantik versenkt worden. Das sechs Jahrzehnte alte Kriegsschiff sei am Freitagnachmittag (Ortszeit) etwa 350 Kilometer vor der Küste des Landes «kontrolliert» versenkt worden, teilte die brasilianische Marine mit. An dem ausgewählten Ort betrage die Meerestiefe rund 5000 Meter. Umweltschutzorganisationen sprachen von der Gefahr «unermesslicher Schäden» für Ökosysteme im Meer und Bewohner von Küstenregionen.
Das frühere Kriegsschiff war vor der Versenkung monatelang im Atlantik herumgeirrt. Die Ankündigung Brasiliens, es zu versenken, hatte zu heftigen Protesten geführt. Aus dem Verteidigungsministerium in Brasília hiess es, für die Versenkung sei die «sicherste Gegend» gewählt worden. Umweltorganisationen sprachen hingegen von einem «Umweltvergehen». So zum Beispiel Robin Wood. Die Organisation bezeichnete den ehemaligen Flugzeugträger São Paulo als «30'000 Tonnen schweres Giftpaket».
Auch die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft hatte eine Vielzahl von Gerichtsverfahren angestrengt, um die Versenkung noch zu verhindern. Noch in dieser Woche hatte die Behörde erklärt, der Flugzeugträger enthalte derzeit «9,6 Tonnen Asbest» sowie «644 Tonnen Tinte und andere gefährliche Materialien». Die Nichtregierungsorganisation Basel Action Network hatte den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva (77) aufgefordert, die «gefährliche» Versenkung sofort zu stoppen.
«Unermesslichen» Schaden zugefügt
Lula hatte vor seinem Amtsantritt Anfang Januar eine umweltpolitische Kehrtwende im Vergleich zu seinem rechtsradikalen Vorgänger Jair Bolsonaro (67) versprochen. Nach der Versenkung veröffentlichten das Basel Action Network und die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Sea Shepherd eine gemeinsame Erklärung, in der sie Brasilien vorwarfen, durch die Versenkung «drei internationale Verträge» verletzt und der Meeresumwelt sowie Küstenbewohnern «unermesslichen» Schaden zugefügt zu haben.
Es habe «umweltpolitisch verantwortungsvolle» Alternativen zur Versenkung gegeben, erklärte Leandro Ramos, Programmdirektor von Greenpeace Brasilien. Doch erneut sei der Schutz der Ozeane vernachlässigt worden.
«Sicherheit der Schifffahrt und der Umwelt» angeblich berücksichtigt
Das Schiff stand unter dem Namen Foch 37 Jahre lang in den Diensten der französischen Marine. Im Jahr 2000 wurde es von Brasilien gekauft und in São Paulo umbenannt. Das Schiff bereitete bald Probleme, seine Modernisierung wäre jedoch zu teuer gewesen - zumal ein Brand im Jahr 2005 seinen Zustand weiter verschlechterte. Brasilien beschloss, das Schiff loszuwerden. Als das nicht gelang, entschieden sich die Behörden, es zu versenken.
Die brasilianischen Behörden argumentierten, es sei besser, das Schiff gezielt zu versenken, als ein ungeplantes Kentern zu riskieren. Der Marine zufolge seien dabei «die Sicherheit der Schifffahrt und der Umwelt» sowie die «Abmilderung der Folgen für öffentliche Gesundheit, Fischerei und Ökosysteme» berücksichtigt worden.
Ein Gericht hatte kurz vor der Versenkung dem Nachrichtenportal G1 zufolge noch einen Eilantrag gegen das Vorhaben mit der Begründung abgelehnt, ein ungeplantes Kentern könnte die Umwelt noch stärker belasten oder die Besatzung gefährden. Der Richter nannte die Situation demnach «tragisch und bedauerlich». (AFP/jmh)