Auf einen Blick
- Experten warnen vor Pegelverlust
- Pegelstand seit 2005 um 1,5 Meter gesunken
- Erderwärmung und Dämme verringern Wasserzufuhr drastisch
Das Kaspische Meer ist nicht nur das grösste Binnenmeer, sondern auch der grösste See der Erde. Mit einer Fläche von 371'000 km2 ist er knapp neunmal so gross wie die Schweiz. Der Kaspisee, wie er auch genannt wird, beherbergt eine aussergewöhnliche Fauna und Flora und über tausend Tierarten, die es nur hier gibt.
Die über 6000 Kilometer lange Küstenlinie teilen sich Kasachstan, Iran, Aserbaidschan, Russland und Turkmenistan. Für die fünf Anrainerstaaten ist der See nicht nur Lebensgrundlage, wenn es um Fischerei, Landwirtschaft, Tourismus und Trinkwasser geht, sondern auch Lieferant von Öl- und Gasreserven. Nicht zu vergessen: Das Gewässer reguliert das Klima dieser trockenen Region und versorgt Zentralasien mit Regen und Feuchtigkeit.
Eine Mischung aus mehreren Faktoren
Doch das Kaspische ist in Gefahr: Seit Mitte der 1990er Jahre sinkt der Wasserstand bereits, seit 2005 jedoch beschleunigt sich der Rückgang – 1,5 Meter Wasser sind bereits weg, wie Matthias Prange von der Universität Bremen gegenüber CNN bestätigt.
Grund für den Wasserschwund ist eine Mischung unterschiedlicher äusserlichen Einflüsse: zu viel Staudämme, eine übermässige Ausbeutung der Meere, Umweltverschmutzung und in zunehmendem Masse auch die vom Menschen verursachte Klimakrise.
Wärmeres Klima – mehr Verdunstung
Wie die Zukunft des Kaspisees aussehen könnte, sieht man bereits an dem nahe gelegenen Aralsee. Er erstreckte sich einst über Kasachstan und Usbekistan und zählte zu den grössten Seen der Welt. Heute ist er nahezu verschwunden. Experten befürchten, dass auch das Kaspische Meer an einen Punkt gelangen könnte, an dem es kein Zurück mehr gibt.
Um die dramatische Entwicklung aufzuhalten, müsste an mehreren Schrauben gedreht werden: Zum einen müsste die Wasserspeisung wieder gewährleistet werden. 80 Prozent stammen aus dem längsten Fluss Europas – der Wolga. Die unzähligen Stauseen und Dämme – 40 davon alleine aus Russland, 18 sind in Planung – verringern jedoch die Zufuhr massiv.
Hinzu kommt die Erderwärmung, die die Pegel «drastisch sinken» lässt, wie Matthias Prange erklärt. Wärmeres Klima, mehr Verdunstung – so einfach ist die Rechnung. Prange prognostiziert einen Pegelrückgang von 8 bis 18 Metern bis zum Ende des Jahrhunderts. Andere Studien gehen sogar von bis zu 30 Metern bis 2100 aus. Es hängt ganz davon ab, wie schnell die Welt die Verschmutzung durch fossile Brennstoffe reduziert.
Die Folgen wären dramatisch
Am Ende stellt sich jedoch nicht die Frage, ob es 8 oder 30 Meter sind, jeder Rückgang des Wasserpegels hätte dramatische Konsequenzen für Tier und Mensch. Die Lebensgrundlage für Tausende würde entzogen, für die beheimateten Menschen in der Region hätte es einen Kampf um Nahrung und Ressourcen zur Folge.
Nächsten Monat treffen sich die Staats- und Regierungschefs aus aller Welt in Baku, der Küstenhauptstadt Aserbaidschans, zur COP29, dem jährlichen Klimagipfel der Vereinten Nationen. Inwiefern den Verantwortlichen die katastrophale Lage des Kaspischen Meeres bewusst ist, wird sich dann zeigen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.