Schon kurz nach dem Start der angekündigten ukrainischen Gegenoffensive tauchten vergangene Woche plötzlich Satellitenbilder auf, und zwar von der russischen Armee. Darauf zu sehen waren Panzer des Typs Leopard 2, die von russischen Luftkampf-Einheiten ins Visier genommen wurden.
Dass die Ukraine schon so früh auf die modernen westlichen Panzer setzt, überrascht. Viele Experten gingen davon aus, dass die vergleichsweise teuren Panzer erst später im Kriegsverlauf zum Einsatz kommen würden. Schliesslich kostet ein Exemplar des Leopard 2 mehrere Millionen Franken.
Ex-US-General Ben Hodges schreibt in einem Beitrag für das «Center of European Policy Analysis» nun von einem möglichen Ablenkungsmanöver. Demnach habe die eigentliche Offensive vermutlich noch gar nicht begonnen.
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Die Leopard-2-Panzer, die derzeit auf ukrainischem Gebiet zum Einsatz kämen, seien denn wohl auch nicht für grosse Geländegewinne gedacht. Viel eher dienten sie dazu, «eine Menge Aufmerksamkeit auf ein Gebiet zu ziehen, vielleicht als Ablenkung», vermutet der ehemalige General.
«Die Russen haben keine Ahnung, was vor sich geht»
Hodges betont, er kenne die genauen Pläne der Ukrainer nicht. «Aber das mit der Ablenkung hätte ich an ihrer Stelle genauso gemacht, nach der ganzen medialen Aufmerksamkeit der vergangenen Wochen.»
In der vergangenen Woche machte zudem das Video einer Leopard-Zerstörung die Runde in den sozialen Medien. Hodges behauptet nun, dass die ukrainische Armee den Panzer vom Schlachtfeld geholt und wieder instand gesetzt habe, um diesen wieder für den Kampf nutzen zu können. «Genau das haben wir in der US-Armee auch gemacht. Es ist durchaus beeindruckend, dass die Ukrainer genau das auch machen.»
Sollten die Leopard-Panzer tatsächlich nur als Ablenkung dienen, hätte die ukrainische Armee einen «hervorragenden Job» gemacht, schreibt der ehemalige General weiter. «Wir können bereits jetzt mit Sicherheit sagen, dass die ukrainische Armee wichtige Geheimnisse schützt. Die Russen haben keine Ahnung, was vor sich geht, und können sich kaum auf ukrainische Angriffe vorbereiten. Das ist den Ukrainern hoch anzurechnen.»
General glaubt an Krim-Befreiung
Hodges zeigt sich denn auch zuversichtlich, dass die Ukrainer die von Russland annektierte Halbinsel Krim zurückerobern können. «Wenn die Ukraine die geforderten Waffen vom Westen erhält, insbesondere auch Langstrecken-Raketen, gehe ich davon aus, dass die Ukraine die Krim, das entscheidende Terrain dieses Krieges, bis zum Ende dieses Sommers, also bis Ende August, befreien kann.»
Dafür, so Hodges, brauche es aber noch mehr Kurz- und Mittelstreckenraketen bis 300 Kilometer. «Ich hoffe sehr, dass die Amerikaner nun dem Beispiel von Grossbritannien folgen und ihre Blockade-Haltung aufgeben», schreibt Hodges. «Das würde der Offensive entscheidenden Schwung verleihen.»