Der Grossteil von Mariupol ist zerstört
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Stadt in Schutt und Asche:Der Grossteil von Mariupol ist zerstört

Ex-CIA Chef David Petraeus
«Noch ist Mariupol nicht gefallen»

Die Welt blickt nach Mariupol, wo ein erbitterter Kampf um die strategisch wichtige Hafenstadt tobt. Seit jeher ist sie Zufluchtsort und Sackgasse zugleich.
Publiziert: 22.03.2022 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2022 um 09:55 Uhr
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In Schutt und Asche: Die Hafenstadt Mariupol wird besonders heftig von den russischen Angriffen getroffen.
Foto: keystone-sda.ch
Lea Ernst

Massengräber, schwarze Aschewolken, zerbombte Plattenbauten: Die grausamen Kriegsbilder aus Mariupol gehen gerade um die Welt. Die Hafenstadt im Südosten der Ukraine ist eingekesselt, die Lage katastrophal. Tausende Zivilisten sind eingesperrt. Doch die ukrainischen Streitkräfte weigern sich zu kapitulieren.

Doch wieso ist die Stadt überhaupt so hart umkämpft?

Es ist ihre strategische Lage. Neben Odessa hat sie den einzigen grossen Hafen des Landes. «Der Hafen ist eine Lebensversicherung der Ukraine», sagte der ehemalige CIA-Direktor und ehemalige Vier-Sterne-General David Petraeus (69) gegenüber CNN. Fällt Mariupol, wäre das für die Ukraine ein enormer Verlust.

Die Verbindung zur Krim

Auch weil die Russen dann eine direkte Landverbindung zwischen Krim-Halbinsel, dem russischen Festland und den separatistischen Republiken im Donbas hätten. Das würde ihnen die Versorgung vereinfachen. Und ermöglicht neue taktische Optionen für die russischen Truppen: «Wenn Russland Mariupol einnimmt, verfügt es über eine grosse Landfläche, von der sie Richtung Norden vorstossen könnten», so Petraeus.

Mariupol sei nun der erste Ort, wo sich Russland auf einen Häuserkampf in bebautem Gebiet einlassen müsse, um die Stadt komplett einnehmen zu können. «Die Russen müssen dafür fast von Wohnung zu Wohnung gehen und sich jeden einzelnen Raum erkämpfen», sagt Petraeus.

Die russischen Kommandeure setzen auf eine grässliche Taktik: Sie versuchen die Stadt auszuhungern. «Die Stadt hat kein Essen, Wasser und Treibstoff mehr», so Petraeus. Es sei nicht klar, wie lange die Ukrainer Mariupol halten können. Doch Petraeus sagt auch: «Noch ist Mariupol nicht gefallen – die Stadt kämpft nach wie vor sehr hart.»

Badeort und Stahlproduzent

Der Grossteil der Welt lernte die Hafenstadt Mariupol erst durch den Schrecken des Kriegs und durch das Ausmass ihrer Zerstörung kennen. Dort, wo jetzt Bomben fallen und Panzer rollen, säumten noch vor wenigen Wochen üppige Bäume lebendige Boulevards, fanden Strassenfeste und Konzerte statt, spielten Kinder am Sandstrand des Asowschen Meers.

Denn eigentlich ist Mariupol eine bedeutende Hafen- sowie Universitätsstadt und ein ukrainisches Wirtschaftszentrum. Schöner Küstenort und russige Arbeiterstadt zugleich. In Mariupol standen bis am Samstag zwei der grössten Stahlwerke Europas. Am Samstag wurde eins von ihnen, das Stahlwerk Azovstal, vom russischen Beschuss getroffen.

Doch der Krieg ist seit fast einem Jahrzehnt nahe. 2014 war Mariupol schon von bewaffneten Separatisten eingenommen worden. Die ukrainischen Truppen drängten sie zwar zurück, doch von da an verlief die Front nur 20 Kilometer nordöstlich der Hafenstadt. Mariupol war seither – bis zum Angriff der russischen Armee – ein Zufluchtsort für Flüchtlinge von der Krim und aus dem Donbas.

Ein Fünftel der knapp 500'000 Bewohnerinnen und Bewohner Mariupols waren ukrainische Flüchtlinge.

Sammelpunkt der Diaspora

Im Zweiten Weltkrieg war die Stadt von Truppen der Wehrmacht besetzt und wurde grossflächig zerstört. Ein grosser Teil der jüdischen Bevölkerung – 1926 noch etwa 11 Prozent der Stadt – fiel dem Holocaust zum Opfer. Zahlreiche weitere Mariupoler wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Ab 1942 war die Stadt ein Hauptoperationsgebiet sowjetischer Partisanen.

Erst vergangenes Jahr baute die jüdische Gemeinschaft in Mariupol eine neue Synagoge. In den Strassen, die vereinzelt italienische oder griechische Namen tragen, reihten sich türkische an griechische Restaurants und Imbissbuden. Auch grosse armenische und aserbaidschanische Minderheiten leben in Mariupol in der Diaspora, wo sie nach besseren Chancen auf Demokratie und Freiheit suchten. Heute ist Mariupol nur noch ein Trümmerhaufen.

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