Hier erobern Huthi-Terroristen ein Frachtschiff
1:14
Gewaltsames Entern:Hier erobern Huthi-Terroristen ein Frachtschiff

Huthi-Rebellen kapern Containerschiffe
Europas Wirtschaft leidet – und die Araber schauen nur zu

Seit November attackieren die Huthis Containerschiffe im Golf von Aden. Die Blockade schadet der Weltwirtschaft. Dennoch wehren sich Länder wie Saudi-Arabien und den Vereinigten Emiraten nicht gegen die Rebellen. Blick erklärt, was hinter den Attacken steckt.
Publiziert: 16.01.2024 um 16:59 Uhr
|
Aktualisiert: 16.01.2024 um 17:57 Uhr
Aufnahmen der Geiselnahme des Kapitäns des Frachters Galaxy Leader. Am 14. November drangen Huthi-Rebellen auf die Brücke des Schiffes, überwältigten die Crew und nahm alle Mitglieder als Geiseln. Beim Angriff waren 52 Menschen an Bord.
Foto: Houthi Movement via Getty Images
Blick_Portrait_1329.JPG
Myrte MüllerAussenreporterin News

Es sind bedrohliche Szenen, aufgenommen von den Bodycams der Angreifer. Ein Kampfhubschrauber fliegt einen zivilen Frachter an. Schwerbewaffnete, vermummte islamistische Krieger seilen sich aufs Deck des Autotransporters ab, dringen in die Brücke des Schiffes ein und nehmen die multinationale Crew als Geisel. Israelis sind nicht an Bord. Was bezwecken die islamistischen Huthi-Rebellen also mit ihren Angriffen?

Die Kaperung der Galaxy Leader am 14. November 2023 zieht eine neue Frontlinie im Nahost-Konflikt – 2000 Kilometer von Israel entfernt. Seitdem werden internationale Containerschiffe, die den Golf von Aden passieren, immer wieder mit Raketen und Drohnen attackiert. Die offizielle Mission der pro iranischen Huthi-Rebellen: Die Seeblockade soll einen Waffenstillstand in Gaza erzwingen.

1/13
Dieser Eurofighter des Typs Typhoon kehrt nach einem Angriff auf einen Militärstützpunkt der Huthi-Milizen in Jemen auf den Flugplatz von Zypern zurück. Die Luftschläge wurden von der vorwiegend westlichen Militärallianz am Wochenende durchgeführt. Grund: Die Verteidigung gegen die Angriffe der Huthi auf internationale Frachter.
Foto: keystone-sda.ch

Das neue Schlachtfeld ist das Rote Meer, der Gegner aber nicht mehr allein die israelische Armee. Im Visier der jemenitischen Rebellen steht die globale Weltwirtschaft. Die Attacken auf die Frachter seien mehr als ein Statement zur Solidarität mit den Palästinensern, «sie dienen dazu, die Region politisch zu spalten», sagt der Experte für maritime Sicherheit Moritz Brake (41) im Blick-Interview. Die Huthis verstehen sich als Teil der vom Iran geführten «Achse des Widerstands», zu der auch die Hisbollah und die iranischen Al-Quds-Brigaden in Syrien und im Irak gehören. «Es gilt, einen Keil in den Nahost-Friedensprozess zu treiben», so der Ex-Offizier der deutschen Marine weiter. Dass das funktioniert, zeigt das Schweigen der arabischen Welt.

Reeder und Ölgesellschaften wählen den Umweg übers Kap der Hoffnung

Zwölf Prozent des Welthandels führt durch den Suez-Kanal. Wer sich heute noch durch die Meerenge traut, wird von US-amerikanischen, britischen und französischen Fregatten mit Luftabwehr flankiert. «Da wird mit Raketen, die eine Million US-Dollar kosten, auf 2000-Dollar-Drohnen geschossen», so Moritz Brake weiter.

Der Huthi-Terror wirkt. Die meisten Container-Reedereien und Ölgesellschaften schicken ihre Schiffe aus Fernost nun übers südafrikanische Kap der Hoffnung nach Europa. Der Transport über den Golf von Aden sei zu 70 Prozent eingebrochen, berichtet das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Die neuen zwei- bis dreiwöchigen Umwege stören die Lieferketten empfindlich. Fliessbänder in Fabriken wie bei Tesla und Volvo stehen zurzeit still. Katar stellte seine Flüssiggas-Lieferungen nach Europa bis auf Weiteres ein. Die Preise für Importwaren steigen währenddessen. Schmerzlich und teuer auch für arabische Anrainerstaaten, besonders für Ägypten und Saudi-Arabien. Dennoch, bis auf Bahrain, will niemand aus der arabischen Welt die Huthis stoppen.

Das übernimmt die neue Militärallianz, zu der die USA im Dezember aufgerufen hatte. An der Operation «Prosperity Guardian» sind fast ausschliesslich westliche Partner beteiligt, neben Grossbritannien und Frankreich auch Australien, Kanada, Neuseeland, Japan, Südkorea, Italien, Spanien, Norwegen, Griechenland, die Niederlanden und die Seychellen. Bahrain ist das einzige arabische Land, das mitmacht. Und so flogen am vergangenen Wochenende erstmals Luft- und Marschflugkörper auf 17 militärische Stützpunkte der Huthis in Jemen. Abgeschossen von Flugzeugen, Schiffen und U-Booten.

«Saudi-Arabien will nicht aufs falsche Pferd setzen»

Die Reaktionen aus der arabischen Welt sind ablehnend. Das sunnitische Saudi-Arabien, das selbst jahrelang die schiitischen Huthi-Rebellen in Jemen bekämpft hatte, zeigte sich nach den Angriffen auf die Huthis besorgt. Das Königreich bange um den fragilen Waffenstillstand im Jemen und um die Stabilität in der Region. Auch der Oman, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Irak, Katar und Kuwait äusserten Sorge vor einer Eskalation und blasen ins gleiche Horn wie Moskau und Teheran. Die Huthi-Attacken verurteilt unterdessen niemand.

Keines dieser Länder wolle als Unterstützer Israels dastehen, sagt Sicherheitsexperte Brake, «wir unterschätzen, wie sehr der Westen in dieser Region an Macht und Vertrauen verloren hat. Länder wie Saudi-Arabien haben auch China, Russland, Indien, die BRICS-Staaten im Blick. Saudi-Arabien hat sich in diesen Jahren nicht nur Israel angenähert, sondern auch dem Iran, das von China unterstützt wird». Die jungen Herrscher wollten sich weltwirtschaftlich entwickeln und jetzt nicht aufs falsche Pferd setzen. Daher hielten sie sich zurück mit westlichen Allianzen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?