Bauern auf den Barrikaden
Der Mist dampft in ganz Europa

Die Bauern in Europa sind wütend. Sie blockieren Strassen, Verteilzentren und Regierungsgebäude oder leeren Gülle und Mist vor Rathäuser. Die Bauern fühlen sich nicht verstanden – von ihrer Regierung und der EU.
Publiziert: 06.02.2024 um 20:48 Uhr
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Aktualisiert: 08.02.2024 um 13:22 Uhr
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Anfang Februar nahmen wütende Bauern Brüssel in Beschlag.
Foto: IMAGO/Photo News
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Pascal ScheiberReporter

Der Protest der deutschen Bauern zeigte Wirkung. Nach landesweiten Blockaden und Kundgebungen erklärte sich die Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (65) zu Zugeständnissen bereit und nahm die geplante Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Landwirtschaftsfahrzeugen zurück. Die Subventionen für Agrardiesel sollen zudem nicht auf einen Schlag, sondern schrittweise fallen. Doch das reicht aus Sicht der Bauern nicht – weshalb die Proteste weitergehen. 

Auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern gehen die Bauern auf die Strasse. In Frankreich brach der Protest Mitte Januar aus. Sinkende Einnahmen, EU-Umweltvorschriften und ausufernde Vorgaben sorgen bei den Bauern für rote Köpfe. Das Fass zum Überlaufen brachten die Verhandlungen der EU mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay über ein Freihandelsabkommen. Die Bauern fürchten sich vor der Billig-Konkurrenz aus Südamerika. 

Um gegen die europäische Agrarpolitik und für den Erhalt der staatlichen Subventionen fuhren auch in Italien Bauern mit ihren Traktoren durch Dörfer und Städte. Mehrere Hundert Bauern demonstrierten letzte Woche in den Regionen Toskana, Lombardei, Kalabrien und auf Sardinien. Sie blockierten Autobahnen und Strassen. Als «katastrophal» bezeichnete der stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini (50) die Agrarpolitik von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (65). Der Politiker der rechten Lega sagte: «Die Traktoren, die in ganz Europa auf den Strassen unterwegs sind, haben Probleme mit der derzeitigen Europäischen Kommission.»

Unbehagen gegenüber EU

In Polen sind die Landwirte wütend aufgrund der aufgehobenen Einfuhrzölle auf Weizen aus der Ukraine. Die Produzentenpreise stehen deshalb unter Druck. Gegen Sparpläne und allgemein die Agrarpolitik gingen auch die Bauern in Litauen auf die Barrikaden. Die rumänischen Bauernproteste flachten nach Zugeständnissen der Regierung wieder ab. Sie fordern aber weiterhin mehr Steuererleichterungen, mehr Subventionen und günstigere Kredite. 

Mittlerweile erreichten die Bauern mit ihren Traktoren die EU-Hauptstadt Brüssel. Während des EU-Gipfels vergangener Woche blockierten knapp 1300 Traktoren die Strassen rund um das Europaparlament. Hier brachten sie zum Ausdruck, was bei allen europäischen Bauernprotesten spürbar ist: das Unbehagen gegenüber der EU-Agrarpolitik.

Ursula von der Leyen reagierte und versprach den Bauern, die Agrarimporte aus der Ukraine zu begrenzen und die Bürokratie in der Agrarpolitik reduzieren zu wollen. An den Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten hält sie jedoch weiterhin fest. Sie werde aber die «legitimen Interessen der Bauern» berücksichtigen. (psc)

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