Die EU-Staaten einigten sich in Brüssel darauf, in der EU geschlossene Aufnahmelager für gerettete Bootsflüchtlinge einzurichten. Diese sollen in Ländern entstehen, die sich freiwillig dazu bereiterklären. Aus den Lagern heraus sollen die Menschen wiederum auf Staaten verteilt werden, die freiwillig mitmachen. Vier Staaten geben Merkel Asyl-Zusagen. Welche genau, ist noch unklar.
Zugleich sollen nach dem Willen der EU-Staaten auch Sammellager in nordafrikanischen Staaten entstehen, damit sich weniger Migranten illegal auf den Weg übers Mittelmeer machen. Allerdings lehnen die betroffenen Staaten dies bislang ab.
Merkel ist optimistisch
Offen blieb zunächst, ob das von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und ihren EU-Kollegen nach mehr als zwölf Stunden erzielte Ergebnis den Weg aus dem erbitterten Asylstreit in Deutschland weisen könnte. Merkel sucht dringend einen europäischen Ansatz, um das Weiterziehen von registrierten Asylbewerbern aus anderen EU-Ländern nach Deutschland zu bremsen.
Anderenfalls will Innenminister Horst Seehofer solche Migranten im Alleingang an der deutschen Grenze abweisen. Die geplanten Aufnahmelager innerhalb der EU könnten zumindest dazu beitragen, dass weniger Asylbewerber von einem EU-Land ins nächste ziehen.
Merkel hat die Beschlüsse beim Gipfel begrüsst. Es sei eine «gute Botschaft», dass die Staats- und Regierungschefs dazu einen gemeinsamen Text verabschiedet haben, sagte die CDU-Chefin. Es warte zwar noch eine Menge Arbeit am gemeinsamen Asylsystem. «Aber ich bin optimistisch nach dem heutigen Tag, dass wir wirklich weiter arbeiten können.»
Asylbewerber dürfen sich EU-Staat nicht aussuchen
Bei möglichen Sammelstellen für Bootsflüchtlinge ausserhalb der EU werde mit dem Uno-Flüchtlingswerk UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration zusammengearbeitet und internationales Recht eingehalten. «Ich habe sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir gesagt haben: Wir wollen in Partnerschaft mit Afrika arbeiten», meinte Merkel. Die Grenzschutzagentur Frontex werde bereits bis 2020 aufgestockt.
Darüber hinaus sei auch eine stärkere Ordnung und Steuerung der sogenannten Sekundärmigration innerhalb der EU vereinbart worden. Klar sei, dass alle sich an Regeln halten müssten und sich kein Asylbewerber einen EU-Staat aussuchen dürfe.
Die EU streitet über den Umgang mit Flüchtlingen. BLICK zeigt anhand von Daten, wie schlimm die globale Flüchtlingskrise ist. Und wie die Welt, Europa und die Schweiz damit umgehen. Hier lesen Sie weiter.
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Kurz und Macron zufrieden
Auch Österreichs Kanzler Sebastian Kurz bewertet die Beschlüsse des EU-Gipfels zur Asylpolitik positiv. «Wir sind froh, dass es jetzt endlich einen Fokus auf die Aussengrenzen gibt», sagte Kurz am Freitagmorgen in Brüssel. Die Einigung sei ein «wichtiger Schritt in die richtige Richtung».
Der französische Präsident Emmanuel Macron lobte den Beschluss als «europäische Lösung». Diese sei besser als nationalstaatliche Einzellösungen, die ohnehin nicht getragen hätten, sagte Macron. «Das ist für Frankreich eine gute Nachricht.»
«Italien ist nicht länger allein»
Italien hatte am Abend mit einer Blockade der Gipfelbeschlüsse gedroht und Zugeständnisse von den übrigen EU-Ländern gefordert. Wegen seiner Lage am Mittelmeer ist das Land erster Anlaufpunkt für Zehntausende Migranten und fühlt sich von den europäischen Partnern im Stich gelassen. Allerdings ist es Deutschland, das EU-weit die meisten Flüchtlinge aufnimmt. Nach den Beschlüssen zeigte sich aber auch Regierungschef Giuseppe Conte zufrieden. «Italien ist nicht länger allein», sagt er am frühen Freitagmorgen.
Auf europäischer Ebene war der Druck zu einer Einigung in den vergangenen Wochen gewachsen, seit in Rom die neue Regierung aus rechter Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung im Amt ist. Diese hatte in den vergangenen Tagen Flüchtlingsschiffen privater Hilfsorganisationen die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt und damit Krisenstimmung aufkommen lassen.
Für den Vorschlag sogenannten Anlandepunkte ausserhalb der EU für aus Seenot gerettete Flüchtlinge hatte sich auch EU-Ratspräsident Donald Tusk stark gemacht. (SDA)