Mehrere Ausländer werden von den Taliban seit Wochen in Kabul festgehalten. Dies geht aus Angaben von Verwandten und anderen Personen, die über die Situation der Betroffenen im Bild sind, hervor, berichtet das «The Wall Street Journal».
Zwei der Festgenommenen, beides Journalisten, wurden am späten Freitag freigelassen. Es handelt sich um den britischen freiberuflichen Reporter Andrew North und einen irischen Fotografen. Sie waren im Auftrag des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Kabul und wurden zusammen mit einem afghanischen Journalisten und einem afghanischen Fahrer, mit denen sie zusammenarbeiteten, vor einigen Tagen festgenommen. Auch die beiden Afghanen wurden freigelassen.
Das teilte der Sprecher der regierenden islamistischen Taliban, Sabiullah Mudschahid, am Freitag auf Twitter mit. Die Festnahme von «jenen ausländischen Staatsbürgern, die angaben, einer internationalen Organisation anzugehören», sei erfolgt, da sie nicht über die notwendigen Ausweise, Lizenzen und Dokumente verfügt hätten. Sie seien in guter Verfassung und in Kontakt mit ihren Familien gewesen. Nach ihrer Identifizierung seien sie nun freigelassen worden, schrieb Mudschahid. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bestätigte die Freilassung.
Angehörige fordern Freilassung
Auf Twitter forderte zuvor die Frau von Andrew North, Natalia Antelava, seine Freilassung: «Wir sind äusserst besorgt um seine Sicherheit und rufen alle, die Einfluss haben, dazu auf, sich für seine Freilassung einzusetzen.» Die Vereinten Nationen kämpfen nun für die Freilassung der Journalisten.
Seit Dezember festgehalten
Sieben weitere westliche Staatsbürger werden gar seit Dezember in Kabul festgehalten. Wie das «Wall Street Journal» schreibt, wurden sie getrennt in Gewahrsam genommen und sehen sich seither mit «haltlosen Beschuldigungen konfrontiert». Es handelt sich demnach um die ersten westlichen Staatsbürger, die seit der Machtübernahme der Taliban vergangenen August längere Zeit in Afghanistan inhaftiert waren.
Die meisten von ihnen seien im Sicherheitssektor tätig gewesen. Vor ihrer Verhaftung hätten sie in Afghanistan gearbeitet und gar regen Kontakt zur Taliban-Führung gepflegt. Einige hätten bei der Evakuierung von gefährdeten Afghanen aus dem Land geholfen. Auf Anfrage der Zeitung um eine Stellungnahme reagierten die Taliban nicht.
Verhaftungen seien «besorgniserregend»
Mark Jacobson, der als stellvertretender Nato-Vertreter in Afghanistan tätig war, schätzt die Festnahmen als «besorgniserregend» ein.
Bei einem Treffen mit dem Taliban-Aussenminister am Donnerstag drängte Englands Diplomat für Afghanistan auf die Freilassung der inhaftierten britischen Staatsbürger. Bis die im Dezember festgenommenen Personen freigelassen würden, werde die britische Regierung mit den Taliban nicht über andere Angelegenheiten als die humanitäre Notlage verhandeln.
Festgehaltener leidet unter gesundheitlichen Problemen
Unter den im Dezember Festgenommenen befindet sich auch Peter Jouvenal, ein ehemaliger Journalist und Geschäftsmann. Seine Freunde können sich nicht vorstellen, warum er festgenommen wurde: «Er wird ohne Anklage festgehalten und hat keine Möglichkeit, mit seiner Familie oder seinen Anwälten Kontakt aufzunehmen», schreiben sie in einer gemeinsamen Erklärung.
«Wir fordern die afghanischen Behörden dringend auf, Peter freizulassen. Er leidet an Bluthochdruck und braucht Medikamente», so die Freunde weiter. (dzc)