Israel erlebte am Dienstag spannende Parlamentswahlen wie schon lange nicht mehr. Zum ersten Mal seit Jahren trat eine Liste an, die dem rechtsnationalen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu (69) gefährlich werden konnte. Umfragen vor den Wahlen bescherten «Blau-Weiss» gleich viele Stimmen wir Netanjahus Likud-Partei.
Erste Hochrechnungen
Die um 21 Uhr (Schweizer Zeit) veröffentlichten ersten Resultate der Nachwahlbefragungen ergaben, dass das Mitte-Bündnis «Blau-Weiss» des ehemaligen Generalstabschefs und Polit-Neulings Benny Gantz (59) praktisch gleichauf mit der Likud-Partei liegt. Spannender könnte es nicht sein!
Trotz der Ausgeglichenheit sehen sich beide Seiten als Sieger. Netanjahu twitterte: «Der von der Likud angeführte rechte Block hat einen klaren Sieg errungen.» Blau-Weiss sagte: «Wir haben gewonnen! Das israelische Volk hat gesprochen!»
Doch die Zahlen der unpräzisen Nachwahlbefragungen können sich ändern. Laufend treffen neue Resultate von Befragungen ein. Die definitiven Ergebnisse werden erst am Mittwoch Vormittag erwartet.
Netanjahu auf Rechtskurs
Netanjahu ist seit 2009 durchgehend im Amt, auch von 1996 bis 1999 war er schon Ministerpräsident. Die kurz vor den Wahlen wiederaufkommenden Raketenangriffe aus Gaza gaben ihm Auftrieb für eine fünfte Amtszeit, weil er sich als Verteidiger Israels inszeniert. Schaden fügten ihm hingegen drohende Anklagen wegen Bestechlichkeit, Veruntreuung und Betrug zu.
Mit einem deutlichen Rechtsruck hatte Netanjahu noch kurz vor der Wahl in einem Interview die Annexion bereits israelisch besiedelter Gebiete im Westjordanland in Aussicht gestellt. Einem unabhängigen Palästinenserstaat erteilte er eine Absage.
Neuling Gantz in der Mitte
Der ehemalige Generalstabschef Benny Gantz (59) ist ein Neuling in der Politik. Er warb mit seinen militärischen Diensten und wirft Netanjahu Korruption und die Spaltung des Landes vor. Gantz hat sich mit einem anderen ehemaligen Generalstabschef, Mosche Jaalon (68), und Jair Lapid (55) von der gemässigten Partei Jesch Atid zusammengetan, die derzeit elf Sitze im Parlament innehat.
Gantz hat sich für eine Friedensregelung mit den Palästinensern ausgesprochen. Gleichzeitig ist er dafür, dass die grossen Siedlungsblöcke im Westjordanland bei Israel bleiben. Von der israelischen Besatzung hat er sich distanziert.
Auf Stimmenfang am Strand
Aus Angst vor einer Niederlage kämpfte Netanjahu den ganzen Wahltag persönlich um einzelne Stimmen. Kurzfristig liess er eine Wahlkampfveranstaltung platzen und ging in Netanja zu den Leuten am Strand, um sie zum Wählen zu bewegen. Er warnte: «Ich habe die dramatische Nachricht erhalten, dass in Likud-Hochburgen nur eine geringe, in Links-Hochburgen hingegen eine hohe Wahlbeteiligung herrscht. Wir müssen die Rechte retten. Es bleiben nur noch wenige Stunden, wenn ihr morgen nicht mit einer linken Regierung aufstehen wollt.»
Likud überwacht arabische Wahllokale
Offenbar war die Likud nicht davor zurückgeschreckt, die arabischen Wähler mit versteckten Kameras zu überwachen. Die Partei bestätigte gegenüber der «timesofisrael.com», dass 1200 mit kleinen Bodykameras ausgerüstete Wahlbeobachter in arabische Orte entsendet worden waren. Die Likud erklärte, dass damit Wahlbetrug verhindert werden sollte. Die arabischen Parteien Chadasch und Taal legten Beschwerde ein, weil die «illegale Aktion der extremistischen Rechten» ein Versuch sei, die Araber vom Wählen abzuhalten.
Nun gehts an die Regierungsbildung
Nach den Wahlen für das 120-köpfige Parlament, die Knesset, gehts an die Regierungsbildung. Staatspräsident Reuven Rivlin (79) wird einen Ministerpräsidenten ernennen und ihn beauftragen, Minister zu bestimmen. Weil wohl keine der Parteien die absolute Mehrheit erreicht, wird es nicht zwingend der Kandidat der Siegerpartei sein. Eher wird jener Kopf mit der Regierungsbildung betraut, der mit andern Parteien die stärkste Mehrheit bilden kann.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wurde in vier Korruptionsfällen von der Polizei befragt:
- Fall 1: Netanjahu und seine Familie sollen in den Jahren 2007 bis 2016 von zwei Geschäftsmännern Zigarren, Champagner und Schmuck im Wert von insgesamt einer Million Schekel (umgerechnet rund 276'000 Franken) angenommen haben. Es handle sich um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer, teilte die Polizei mit. Im Gegenzug soll Netanjahu sich für ein Gesetz stark gemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte. Ausserdem habe er ihm dabei geholfen, ein neues US-Visum zu erhalten.
- Fall 2: Netanjahu soll versucht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung «Jediot Achronot» zu sichern. Im Gegenzug habe Netanjahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung «Israel Hajom» zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt.
- Fall 3: Der Regierungschef war auch in der Affäre um einen millionenschweren U-Boot-Deal mit Deutschland befragt worden, galt aber nicht als Verdächtiger. Ihm wurde vorgeworfen, den U-Boot-Deal gegen den Willen von Militär und Verteidigungsministerium durchgesetzt zu haben. Die Polizei hat erklärt, in dem Fall ausreichend Beweise für Anklagen gegen mehrere Verdächtige zu haben, darunter Vertraute Netanjahus.
- Fall 4: Netanjahu wird verdächtigt, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq rechtliche Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Austausch dagegen soll das zum Konzern gehörende Medium «Walla» positiv über ihn berichtet haben. Der Regierungschef und seine Vertrauten sollen auch Einfluss auf wichtige Ernennungen bei «Walla» genommen haben. Netanjahu gab das Ministeramt 2017 ab. (SDA)
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wurde in vier Korruptionsfällen von der Polizei befragt:
- Fall 1: Netanjahu und seine Familie sollen in den Jahren 2007 bis 2016 von zwei Geschäftsmännern Zigarren, Champagner und Schmuck im Wert von insgesamt einer Million Schekel (umgerechnet rund 276'000 Franken) angenommen haben. Es handle sich um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer, teilte die Polizei mit. Im Gegenzug soll Netanjahu sich für ein Gesetz stark gemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte. Ausserdem habe er ihm dabei geholfen, ein neues US-Visum zu erhalten.
- Fall 2: Netanjahu soll versucht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung «Jediot Achronot» zu sichern. Im Gegenzug habe Netanjahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung «Israel Hajom» zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt.
- Fall 3: Der Regierungschef war auch in der Affäre um einen millionenschweren U-Boot-Deal mit Deutschland befragt worden, galt aber nicht als Verdächtiger. Ihm wurde vorgeworfen, den U-Boot-Deal gegen den Willen von Militär und Verteidigungsministerium durchgesetzt zu haben. Die Polizei hat erklärt, in dem Fall ausreichend Beweise für Anklagen gegen mehrere Verdächtige zu haben, darunter Vertraute Netanjahus.
- Fall 4: Netanjahu wird verdächtigt, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq rechtliche Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Austausch dagegen soll das zum Konzern gehörende Medium «Walla» positiv über ihn berichtet haben. Der Regierungschef und seine Vertrauten sollen auch Einfluss auf wichtige Ernennungen bei «Walla» genommen haben. Netanjahu gab das Ministeramt 2017 ab. (SDA)