Er kurbelte die Aktie an
Dieser 34-Jährige machte mit Gamestop-Wahnsinn Millionen

Keith Gill hatte ein gutes Näschen für eine ganz besondere Aktie – mit der er und Hunderttausende Kleinanleger dann einen riesigen Hedgefonds in die Knie zwangen.
Publiziert: 03.02.2021 um 11:47 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2021 um 15:56 Uhr
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Keith Gill alias «DeepFuckingValue» verdiente mit der Gamestop-Aktie Millionen.
Foto: Screenshot youtube

Verblüfft blickte die Welt auf den Kursverlauf der Gamestop-Aktie: Der dümpelte monatelang ereignislos vor sich hin, bis plötzlich die Kurve in den letzten Tagen steil nach oben schoss – immer höher und höher. Weil ein grosser Hedgefonds auf das Fallen des Kurses gewettet hatte, machte Melvin Capital Milliardenverluste, der Handel der Aktie wurde kurzzeitig gestoppt.

Doch wer steckt hinter dem Phänomen?

Am Anfang des Wahnsinns stand Keith Gill, besser bekannt unter seinem Nutzernamen «DeepFuckingValue» auf dem Social-News-Aggregator Reddit. Der Mann aus einem Vorort von Boston veröffentlichte auf Reddit bereits im Juni 2019 einen Screenshot, in dem er zeigte, dass er in die Gamestop-Aktie investiert, die damals bloss 5 Dollar kostete.

«Grobe Fehlbeurteilung»

Gill hielt die Aktie nämlich für unterbewertet. Er glaubte an das Potenzial der Ladenkette mit ihren über 5000 Filialen. «Die Leute haben einfach nicht genau genug hingeschaut. Es war eine grobe Fehlbeurteilung der Gelegenheit, die sich bot», sagte er dem «Wall Street Journal» im ersten Interview nach den jüngsten Ereignissen.

«Heilige Scheisse, was hat dich dazu bewogen, 53'000 Dollar für Gamestop hinzublättern?», fragte ihn damals ein entgeisterter Reddit-User. Keith Gill antwortete mit regelmässigen Updates seines Aktienportfolios, das er mit Yolo «You Only Live Once» («Du lebst nur einmal») betitelte. Er hielt die Aktie, auch wenn er Verluste einfuhr. Und er investierte immer mehr. Im September 2019 umfasste Gills Portfolio 1000 Gamestop-Aktien und 1000 Optionen. Ein Jahr später waren es bereits 10'000 Wertpapiere und 5000 Optionen.

Kampf David gegen Goliath

Und dann kam der Januar – und immer mehr Nutzer sprangen auf die Aktie auf, nachdem bekannt war, dass der mächtige Hedge Fonds Melvin Capital auf das Absinken des Aktienkurses gewettet hatte. Keith Gill verdiente allein im vergangenen Monat gegen 13,8 Millionen Dollar, weil er sich rechtzeitig von Gamestop-Papieren trennte. Allerdings besitzt er laut seinem letzten Update immer noch gegen 50'000 Aktien – obwohl der Kurs mittlerweile sinkt.

Es war ein Kampf David gegen Goliath – mit dem bitteren Ende für Melvin Capital. Das investierte Vermögen, das sich zu Jahresbeginn auf 12,5 Milliarden Dollar belaufen habe, hat sich laut einem Insider bis Monatsende um 53 Prozent reduziert. Die Hedgefonds Point72 und Citadel hatten ihren Partner mit einer Milliardenspritze vor dem Zusammenbruch retten müssen. US-Finanzministerin Janet Yellen hat angesichts der Börsenturbulenzen eine Sitzung mit den obersten Aufsehern der Wall Street einberufen.

«Habe nie damit gerechnet»

Für viele Kleinanleger ist das Halten der Gamestop-Aktie eine Ehrensache. Sie wollen der mächtigen Wall Street eins auswischen, sie wollen es den Grossen zeigen. Auf Reddit feuern sich die Nutzer gegenseitig an, Stärke zu zeigen, jetzt nicht zu verkaufen. Ein Anleger schrieb an Keith Gill: «Dein Beispiel hat das Leben Tausender normaler Menschen buchstäblich verändert. Im Ernst, danke. Du verdienst jeden Cent.»

Gill selbst sagt zum «Wall Street Journal», dass er schon gedacht habe, dass der Kauf der Aktie erfolgreich sein würde. «Aber ich habe nie mit dem gerechnet, was letzte Woche passiert ist.» (neo)


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