20 Jahre musste Roger «Dean» Gillispie (57) im Gefängnis absitzen – zu Unrecht, wie sich später herausstellte. 1991 verurteilte ihn ein Gericht im US-Bundesstaat Ohio zu 56 Jahren Haft. Vorgeworfen wurde ihm, eine Frau (28) und Zwillingsschwestern, damals beide 22 Jahre alt, entführt und vergewaltigt zu haben. Ausserdem war Gillispie wegen schweren Raubes angeklagt.
Während seiner gesamten Haftzeit beteuerte er seine Unschuld und versuchte, das Urteil anzufechten. Erst 2011 kam er aus dem Gefängnis, nachdem seine Unschuld bewiesen war.
Dem Gericht konnten Beweise vorgelegt werden, dass der Detektiv, der damals für die Ermittlungen gegen Gillispie verantwortlich war, wichtige Informationen vorenthalten hatte, die den Angeklagten hätten entlasten können. Der Ermittler habe den Opfern während des Prozesses gesagt, sie könnten Gillispie unter Umständen nicht erkennen, weil er seine Haarfarbe geändert habe. Ausserdem habe er Dokumente unterschlagen, die zeigten, dass Gillispie sich zum Zeitpunkt des Verbrechens in einem anderen Bundesstaat aufgehalten hatte.
«Nichts kann für den Horror entschädigen»
Jetzt wurde er für die verlorene Lebenszeit entschädigt. 45 Millionen Schmerzensgeld! Angaben seines Anwalts zufolge ist das die höchste Entschädigungszahlung in der Geschichte Ohios, wie «The Columbus Dispatch» berichtet.
Eine Menge Geld. Doch die wertvolle verlorene Lebenszeit sei nicht mit Geld wieder gutzumachen, erklärte Gillispie nach dem Urteil. Auch die seelischen Qualen und die posttraumatische Belastungsstörung, an der er leidet, liessen sich nicht mit Geld behandeln.«Das Geld soll nur meiner Familie und mir beim Überleben helfen», so Gillispie. Seine Familie stecke wegen der Torturen der vergangenen 30 Jahren bis zum Hals in Schulden.
«Das Grauen, das Dean und seiner Familie und Gemeinschaft zugefügt wurde, ist schwer vorstellbar», sagte Mark Godsey, Leiter des Projekts «Ohio Innocence», das unschuldig Verurteilten zu Gerechtigkeit verhilft und auch Gillispie bei seiner Klage unterstützte. «Die Art und Weise, wie die Behörden eine Verurteilung durchgesetzt und sich dann gewehrt und geweigert haben, einen Fehler zuzugeben, war so enttäuschend. Nichts kann Dean für den Horror entschädigen.» Das Urteil sende aber «eine starke Botschaft aus», so Godsey weiter. Er hofft, dass sich in Zukunft die Vorgehensweise ändern wird. (hei)