Auf einen Blick
- Empörung nach Tötung einer Pariser Studentin
- Verdächtiger ist verurteilter Vergewaltiger, der ausgeschafft werden sollte
- Philippine (19) wurde am Freitag von Eltern als vermisst gemeldet
In Frankreich gibt es grosse Empörung nach der Tötung einer Pariser Studentin. Die 19-Jährige war am Freitagmittag in einem Grüngebiet nahe ihrer Universität getötet worden.
Während bereits die Tat für Erschütterung sorgte, ist der Fall seit der Festnahme eines Verdächtigen am Dienstagabend zum Politikum geworden. Bei dem 22-Jährigen handelt es sich um einen verurteilten Vergewaltiger, der nach seiner Haftentlassung abgeschoben werden sollte, wegen Pannen aber auf freien Fuss kam.
Nach heftiger Kritik an der Funktionsfähigkeit des Justizsystems durch Politiker unterschiedlicher Lager kündigte Frankreichs gerade erst ins Amt gekommene neue Innenminister Bruno Retailleau (63) ein Durchgreifen an. «Es liegt an uns, den öffentlichen Verantwortungsträgern, das Schicksal abzulehnen und unser Rechtssystem weiterzuentwickeln, um die Franzosen zu schützen», sagte der konservative Minister. «Wenn wir die Regeln ändern müssen, dann ändern wir sie.» Es gehe darum, «die Sicherheit unserer Landsleute zu gewährleisten».
Politiker beklagen Versagen der Justiz
«Wenn man jemanden in Haft hat, von dem man annehmen kann, dass er eine Bedrohung für die französische Gesellschaft darstellt, sollte man ihn nicht freilassen müssen, bevor man überhaupt die Gewissheit hat, dass er abgeschoben werden kann», sagte Sozialistenchef Olivier Faure (56) dem Sender BFMTV. «Unsere Justiz ist lax, unser Staat funktioniert nicht, unsere Politiker lassen die Franzosen mit menschlichen Bomben leben», reagierte der Vorsitzende des rechtsnationalen Rassemblement National, Jordan Bardella (29). Die Verwaltung und die Justiz arbeiteten bei Ausschaffungen viel zu langsam, sagte der sozialistische Ex-Präsident François Hollande (70) dem Sender France Info.
Das Opfer war von ihren Eltern am Freitag als vermisst gemeldet worden. Freunde und Angehörige entdeckten die Tote tags darauf nach einer Ortung ihres Handys bei einer privat organisierten Suchaktion halb vergraben.
Richter hatte vorzeitige Entlassung angeordnet
Der Tatverdächtige hatte eine Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer anderen Studentin im Jahr 2019 verbüsst und sollte nach der Entlassung in sein Herkunftsland abgeschoben werden. Zunächst beantragte die falsche Behörde die dafür nötigen Papiere, dann ordnete ein Richter eine vorzeitige Entlassung des Mannes aus der Abschiebehaft an.
An die Auflage, sich regelmässig bei der Polizei zu melden, hielt der Verdächtige sich nicht. Nach der Tat wurde er in der Schweiz in Genf gefasst.