Deutschlehrer jubeln, Schüler ächzen: Der Duden, das bekannteste Nachschlagewerk der deutschen Rechtschreibung, ist zurück – mit seiner 29. Auflage. Nach einer vierjährigen Pause enthält die neue Ausgabe satte 3000 zusätzliche Wörter. Mit 151'000 Stichwörtern ist die gedruckte Ausgabe demnach so umfangreich wie noch nie.
«Der Duden ist Spiegel seiner Zeit. Diese Wörter sagen etwas darüber aus, was in den letzten drei bis vier Jahren passiert ist», sagt Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum (64) der Deutschen Presse-Agentur.
Die grössten Sprachveränderungen der vergangenen Jahre lassen sich laut Kunkel-Razum zugespitzt auf drei Bereiche reduzieren: Krise, Krieg und Kochen.
So ist etwa die «Coronapandemie» zum neuen Stichwort avanciert – neben «Antigenschnelltest» oder auch «Coronaleugner/-in». Begriffe wie «Extremwetterereignis», «Flugabwehrsystem», «Gasmangellage» und «Entlastungspaket» erinnern an Krisen in anderen Bereichen. Veränderte Ernährungsgewohnheiten spiegeln sich in Begriffen wie «Fleischersatz», «Gemüsekiste», «Tahini» oder auch «Kontaktgrill» wider.
Schreibvarianten wie «Tunfisch» oder «Spagetti» gestrichen
Neben Neuaufnahmen streicht die Duden-Redaktion auch immer wieder Wörter, die selten genutzt werden. In der aktuellen Ausgabe seien 300 Wörter entfernt worden, so Kunkel-Razum. Nicht mehr enthalten sind etwa «Frigidär» (Kühlschrank), «UMTS-Handy» oder die in der DDR verwendete Bezeichnung «Rationalisator» für einen Angestellten mit Rationalisierungsaufgaben. Ebenso wurden Schreibvarianten gestrichen, die nicht mehr zulässig sind, etwa «Tunfisch» und «Spagetti».
«Das Streichen fällt viel schwerer als die Aufnahme von Wörtern», so die Linguistin. Es schwieriger, nachzuweisen, dass ein Wort nur noch selten genutzt wird als umgekehrt. Und manchmal würden Streichungen auch rückgängig gemacht. Das Wort «Hackenporsche» (scherzhaft für einen Einkaufsroller) fehlte im letzten Duden und erlebte nun ein Comeback. «Wir haben Beschwerden bekommen, dass das Wort gestrichen wurde», erzählt Kunkel-Razum.
Neue Komma-Regel
Das nach seinem Namensgeber Konrad Duden (1829-1911) benannte Nachschlagewerk galt jahrzehntelang als verbindlich. Durch die Rechtschreibreform von 1996 wurde das Monopol gebrochen. Massgebende Instanz ist der Rat für deutsche Rechtschreibung, der das «amtliche Regelwerk» herausgibt. Es besteht aus einem Regelteil und einem Wörterverzeichnis. Nachschlagewerke wie der Duden bereiten diese Regelungen alltagstauglich auf.
Laut Kunkel-Razum enthält die neue Ausgabe auch die rechtschreiblichen Änderungen, die der Rat für deutsche Rechtschreibung auf seiner letzten Sitzung der dritten Amtsperiode Ende 2023 verabschiedet hat. Dazu zähle etwa die Regel, dass das Komma vor einem erweiterten Infinitiv wieder obligatorisch ist.