Weltweit steigt der Bedarf, doch die Verfügbarkeit geht zurück: Wasser ist schon heute ein knappes Gut – und wird immer knapper werden. Laut der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit werden bereits im Jahr 2025 zwei Drittel aller Menschen in Gebieten mit Wasserknappheit leben.
Knappe Güter können zu Auslösern von Konflikten werden. Das bestätigt auch Ashok Swain (58), Friedens- und Konfliktforscher sowie Direktor der Abteilung Internationale Wasser-Zusammenarbeit an der Universität im schwedischen Uppsala, im Gespräch mit Blick. «Wasserknappheit hat das Potenzial, Streitigkeiten über die gemeinsame Wassernutzung zu verschärfen.»
Auch bewaffnete Konflikte um das «blaue Gold» könnten laut dem Experten nicht ausgeschlossen werden. Als Beispiele, wo der Kampf um Wasser ein Mitgrund für einen bewaffneten Konflikt war, nennt Swain zwei Kriege: den Sechstagekrieg von 1967, als die Israeli die Golanhöhen zur Sicherung der Wasserversorgung des Jordans besetzten, sowie die Indisch-Pakistanischen Kriege in Kaschmir, dem Wassereinzugsgebiet der indischen Flüsse.
Konflikt um den Nil: «Alle Optionen sind auf dem Tisch»
Welche Sprengkraft das Thema Wasser entwickeln kann, zeigt sich aktuell in und um Äthiopien, so Swain. Äthiopiens Staudamm, der nach seiner Fertigstellung 2024 oder 2025 der grösste Afrikas werden soll, lässt den Regionalnachbarn Ägypten um seine Wasserversorgung aus dem Nil und um die heimische Landwirtschaft fürchten.
Schon mehrfach, sagt Swain, ist es fast zu einer möglichen militärischen Eskalation gekommen. Denn Ägypten deckt mehr als 90 Prozent seines Wasserbedarfs aus dem Nil. Wer den Damm füllen darf und wie viel Wasser künftig den Fluss hinabfliessen wird, ist also von grosser Wichtigkeit für viele Länder in der Region.
Und neuerdings schlägt der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi (68) einen raueren Ton im Umgang mit Äthiopien an: «Lasst uns keinen Punkt erreichen, an dem die Brüder in Äthiopien einen Tropfen des ägyptischen Wassers anrühren, denn alle Optionen sind auf dem Tisch.»
China hat die Macht über asiatisches Wasserschloss
Auch zwischen Indien und Pakistan – beide von Wassermangel und Trockenheit geplagt – schwelt ein Streit um mehrere gemeinsame Flüsse. Der wichtigste: der Indus, der durch den indischen Teil der Region Kaschmir fliesst. Seinen Ursprung hat der Indus in Tibet, dem Wasserschloss Asiens. Auch der Ganges, der Mekong und der Brahmaputra – weitere Flüsse, die für Konflikte sorgen könnten – entspringen im tibetischen Hochplateau.
Das erhöht das Konfliktpotenzial in der bereits umstrittenen sino-indischen Grenzregion, in der China de facto die alleinige Macht über die Wasserverteilung hat, wie eine Analyse des «Swiss Institute for Global Affairs» zeigt. Das wirkt sich nicht nur auf die Grenzregion, sondern auf alle an den Flüssen gelegenen Länder aus. Seit den 1990er-Jahren hat China unter anderem elf Mega-Staudämme gebaut. Dadurch fliesst nicht mehr genügend Wasser in die südlicheren Länder.
In einer Zeit, die von starken und langen Dürreperioden geprägt ist, wird die Kontrolle über das Wasser zu einem der stärksten Machtsymbole in diesen Regionen. Für Ashok Swain hilft hier nur eines: «Diese Länder müssen realisieren, dass eine gerechte Wasserverteilung für alle Beteiligten nur Vorteile hat.» Ansonsten droht das Wasser zu einer Waffe zu werden, die ganze Regionen destabilisieren kann.