Der dreimonatige Prozess ist zu Ende. Joaquín «El Chapo» Guzmán (61) muss für immer hinter Gitter.
Das Urteil sei eine «unwiderlegbare Botschaft an die in Mexiko verbleibenden Hauptakteure, dass sie letztlich festgenommen und verurteilt werden», sagte der amtierende US-Justizminister Matthew Whitaker. Die USA und Mexiko würden weiter mit allen verfügbaren Mitteln gegen Drogenschmuggler und deren «gewalttätige Organisationen» kämpfen.
Die Jury hatte Guzmán am Dienstag nach Beratungen über sechs Tage in allen zehn Anklagepunkten für schuldig befunden. Der 61-Jährige kann keinen Antrag auf vorzeitige Entlassung stellen und dürfte damit bis zu seinem Tod im Gefängnis bleiben. Guzmán zeigte bei Verlesung des Urteils keine Regung, wechselte aber Blicke mit seiner Frau Emma Coronel, die im New Yorker Gericht mit im Publikum sass. Cogan muss das Strafmass noch offiziell verkünden.
Verteidiger prüft Berufung
Guzmáns Verteidiger kündigten umgehend an, die Möglichkeiten einer Berufung zu prüfen. «Der Kampf ist noch nicht vorbei», sagte Anwalt Jeffrey Lichtman. Die Aussichten dafür scheinen angesichts der teils erdrückenden Beweislast und der Verurteilung Guzmáns in allen Anklagepunkten sehr gering.
Verteidiger Eduardo Balarezo kritisierte den Prozess als «‹Show›, um amerikanisches Können und Macht zu demonstrieren». Staatsanwälte hatten über drei Monate mehr als 50 Zeugen aufgerufen und der Jury massenhaft Beweismaterial präsentiert. «Die US-Regierung weiss sehr wohl, dass sich mit ‹El Chapos› Verurteilung nichts geändert hat und nichts ändern wird», schrieb Balarezo auf Twitter.
Nach Ansicht von Experten wird das Urteil dem mexikanischen Sinaloa-Kartell keinen grossen Schaden zufügen. Die kriminelle Organisation sei so wichtig, dass sie den Verlust eines bekannten Mitglieds gut verkraften könne, sagt Javier Oliva, Analyst für Sicherheitsthemen von der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko (UNAM). Die Präsenz des Kartells sei ungebrochen, erklärte Oliva der Nachrichtenagentur DPA.
Laut dem nationalen Bericht der US-Strafverfolgungsbehörde für Drogendelikte aus dem vergangenen Jahr hält das Sinaloa-Kartell immer noch den grössten Anteil am Geschäft in den Vereinigten Staaten. Konkurrenz bekommt die Organisation in den USA aber vonseiten des Kartells Jalisco Nueva Generación (CJNG), das dem Syndikat auch in Mexiko immer mehr Druck macht.
«Sehr optimistischer Typ»
Guzmán, der wegen seiner Körpergrösse von 1,64 Meter den Spitznamen «El Chapo» («der Kurze») trägt, war 25 Jahre lang Chef des mächtigen Sinaloa-Kartells. Experten zufolge ist dessen Einfluss aber auch ohne Guzmán ungebrochen, auch ein Nachfolger ist schon aufgerückt. Der Kampf gegen illegale Drogen kostet die USA laut einer Studie von 2010 jährlich fast 51 Milliarden Dollar.
Guzmán nahm den Schuldspruch seinen Anwälten zufolge «positiv» hin. «Wir waren ganz ehrlich gesagt verärgerter als er», sagte Anwalt Lichtman. «Er ist ein sehr optimistischer Typ, er hat uns wieder bessere Laune gemacht.»
Guzmán ist derzeit in einem Hochsicherheitsgefängnis in New Yorks Stadtteil Manhattan eingesperrt. Offen ist, ob er seine Strafe dort absitzen soll oder in eine andere Haftanstalt verlegt wird. In Mexiko gelang es Guzmán bereits zwei Mal, aus dem Gefängnis auszubrechen: 2001 entkam er in einem Wäschekorb und 2015 durch einen Tunnel, den Komplizen bis unter seine Zelle gegraben hatten. (SDA)