Doch keine Einbildung – weltweite Analyse zeigt das wahre Ausmass
Wegen Corona sind wir jetzt häufiger krank

Corona ist inzwischen Geschichte, doch das Virus hat offenbar unser Immunsystem ganz schön geschwächt. Eine neue Studie zeigt einen weltweiten Anstieg von Infektionskrankheiten – und zwar seit Beginn der Pandemie.
Publiziert: 21.06.2024 um 13:55 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2024 um 13:20 Uhr
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Gefühlt sind wir häufiger krank – und eine Studie zeigt nun: Es gibt tatsächlich mehr Infektionskrankheiten. (Symbolbild)
Foto: imago/Westend61
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Johannes HilligRedaktor News

Keine Masken, keine Testzentren mehr: Corona scheint keine grosse Sache mehr zu sein. Doch das Virus dürfte unseren Körper mehr in Mitleidenschaft gezogen haben als bisher angenommen. Darauf deutet eine Analyse des britischen Medizinforschungsunternehmens Airfinity. Ausgewertet wurden dafür Daten von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen – und zwar weltweit. Mit dem Ergebnis: Es gibt einen Anstieg von mindestens 13 Infektionskrankheiten. Konkret: Wir sind häufiger krank. 

So stieg zum Beispiel die Zahl der Grippefälle zwischen Oktober 2021 und September 2023 um etwa 40 Prozent im Vergleich zu 2019 und 2020. Ausserdem stieg die Zahl der Keuchhusteninfektionen in China von Januar bis April dieses Jahres um das 45-fache im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Ausnahmezustand in Japan wegen Schocksyndrom

In Australien hat sich das Respiratorische Synzytialvirus (RSV), das bei Säuglingen und Kleinkindern Bronchitis und Lungenentzündung verursacht, in einem noch nie dagewesenen Ausmass verbreitet. Auch das Dengue-Fieber in Brasilien und Argentinien sowie das streptokokkale toxische Schocksyndrom (STSS) in Japan haben einen noch nie dagewesenen Anstieg verzeichnet. Bis zum 2. Juni wurden 977 Fälle verzeichnet. Das ist schon mehr als im gesamten vergangenen Jahr. 2023 hatte es 941 Infizierte gegeben.

Das japanische Gesundheitsministerium hatte die Bevölkerung daher bereits im Januar dazu aufgerufen, sich regelmässig die Hände zu waschen, Abstand zu anderen Menschen zu halten und an stark besuchten öffentlichen Orten eine Maske zu tragen. Doch es nützt nichts. Die Zahlen steigen trotzdem weiter und weiter. Warum das so ist, können Experten nicht sagen.

Darum haben Bakterien und Viren es leichter

Als Grund für die plötzliche Ausbreitung verschiedener Infektionskrankheiten haben Experten Corona und die Nachwirkungen auf unser Immunsystem im Verdacht. Das Virus könnte unsere Abwehrkräfte beeinträchtigt haben. Darum haben Bakterien und Viren es leichter, einzudringen und uns zu befallen. Hinzu könnte kommen, dass es durch die Pandemie vermehrt Verschwörungstheorien und damit Impfgegner gibt. Möglicherweise steckt hinter dem Anstieg von Masern oder Keuchhusten eine schlechtere Impfquote. 

Eine weitere Theorie: Nach der Aufhebung der Corona-Massnahmen haben Viren und Bakterien wieder mehr Ausbreitungsmöglichkeiten. Wir stecken uns wieder leichter an. Kein Wunder: Kaum jemand trägt noch eine Maske, hält Abstand und wäscht sich so penibel und oft die Hände wie noch zur Corona-Hochphase. 

«Potenziell noch katastrophaler als Corona»

Aktuell macht vielen Wissenschaftlern das Vogelgrippevirus H5N1 Sorge. Das Virus hat in den vergangenen Monaten zunehmend auf Säugetiere übergegriffen, unter anderem auf Milchvieh in den USA. Auch mehrere Menschen infizierten sich bereits, was Befürchtungen einer drohenden Pandemie weckt.

«Sollte sich H5N1 von Mensch zu Mensch übertragen, wäre die Welt sehr wahrscheinlich erneut überfordert», warnte die frühere neuseeländische Premierministerin und Studien-Co-Autorin Helen Clark am Dienstag. Eine Vogelgrippe-Pandemie könnte «potenziell noch katastrophaler sein als Corona».


 

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