Die wichtigsten Punkte
Das hat der G7-Gipfel erreicht

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz betont die Geschlossenheit der G7-Staaten gegen Russlands Angriffskrieg. Zum Ende des G7-Gipfels fasst Blick die sieben wichtigsten Punkte zusammen.
Publiziert: 28.06.2022 um 18:40 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2023 um 11:34 Uhr
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Der deutsche Kanzler und Gipfel-Gastgeber Olaf Scholz (64) betont zum Ende des G7-Gipfels die Einigkeit der teilnehmenden Staaten.
Foto: AFP

Drei Tage lang kamen die Staats- und Regierungschefs der sieben grössten Demokratien (G7) im bayerischen Elmau (D) zusammen. Nach mehr als einem halben Dutzend Arbeitssitzungen und zahlreichen bilateralen Gesprächen enden am Dienstagnachmittag die Beratungen.

Die G7 sind sich einig im Kampf gegen Russlands Aggression in der Ukraine – und bieten dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) offen die Stirn! Dieser spekulierte bislang vergebens auf eine Spaltung des Westens. Umso fester entschlossen zeigen sich die G7-Staaten, sich für mehr Klimaschutz, eine bessere Infrastruktur und eine sicherere Lebensmittelversorgung weltweit zu engagieren. Blick fasst die sieben wichtigsten Punkte des Gipfels zusammen:

1. Ukraine-Krieg

Zentrales Thema war der Krieg in der Ukraine. Der deutsche Bundeskanzler und Gipfel-Gastgeber Olaf Scholz (64) vereinbarte mit seinen Amtskollegen aus den USA, Grossbritannien, Frankreich, Italien, Kanada und Japan mehr Hilfen für die Ukraine (unter anderem Geld und Waffen) sowie weitere Sanktionen gegen Russland (etwa für Rüstungs- und Technik-Branchen). Scholz: «Wir werden den Druck auf Russland weiter erhöhen. Dieser Krieg muss enden.»

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Scholz kündigte in seiner abschliessenden Pressekonferenz auch Bemühungen zum Wiederaufbau der Ukraine an: «Wir brauchen einen Marshallplan für die Ukraine», sagte er. Man wolle gemeinsam mit der EU eine entsprechende internationale Konferenz mit Experten und Wissenschaftlern organisieren. Dort solle ein umfassendes Konzept zum Wiederaufbau entwickelt werden.

Der Ukraine-Krieg wird auch zentrales Thema des Nato-Gipfels ab Mittwoch in Madrid sein, wo bis Donnerstag die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten tagen.

2. Ernährungssicherheit

Mit Blick auf die drohende Hungersnot sagte Scholz, die G7-Staaten bemühten sich intensiv darum, Getreideexporte aus der Ukraine zu ermöglichen. Das Thema bereite den G7 grösste Sorge. Zur Debatte steht, wie der Export weiter erhöht und eine Hungersnot in ärmeren Ländern abgewendet werden kann. Bis zu fünf Milliarden US-Dollar wollen die G7-Länder offenbar dafür bereitstellen.

Hintergrund: Die Ukraine und Russland sind die grössten Weizen-Exporteure weltweit. Normalerweise decken sie knapp ein Drittel des globalen Bedarfs – weil Russland die ukrainischen Häfen derzeit blockiert, kann viel Getreide aber nicht exportiert werden. Dem Welternährungsprogramm zufolge stehen 50 Millionen Menschen weltweit kurz vor einer Hungersnot.

3. Klimaschutz

Trotz der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise wollen die G7-Staaten an den derzeitigen Klimaschutzzielen festhalten – sie sehen das sogenannte Pariser Abkommen weiterhin als Richtschnur für ihr Handeln an. In diesem hatten sich die Länder der Welt im Dezember 2015 darauf geeinigt, Anstrengungen zu unternehmen, um die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Scholz hatte zu dem Gipfel auch fünf Gastländer eingeladen. Mit Indien, Indonesien, Südafrika, Senegal und Argentinien vereinbarten die G7 am Montag gemeinsame Klimaschutz-Anstrengungen.

Die Verbündeten haben sich am Gipfel zudem auf die Gründung eines Klimaklubs zum Ende des Jahres verständigt. Die Grundidee dahinter: Staaten mit ambitionierten Klimaschutzzielen sollen sich in einem solchen Klub auf gemeinsame Mindeststandards einigen, ihre klimapolitischen Instrumente untereinander vergleichbar machen und abstimmen. Zugleich würden sie dafür sorgen, dass die Produktion nicht in Staaten mit einem weniger ambitionierten Klimaschutz abwandert.

4. Preisdeckel für russisches Öl

Die G7-Staaten haben sich zudem darauf verständigt, einen Preisdeckel für russisches Öl auszuarbeiten. Ziel der Massnahme sei es, Moskau Einnahmen zu entziehen, die den Krieg in der Ukraine finanzieren. Der Preisdeckel würde allerdings nur funktionieren, wenn alle grossen Abnehmerländer auch ausserhalb der G7 sich beteiligen. Insbesondere Länder wie China oder Indien, die trotz des Kriegs weiter enge wirtschaftliche Beziehungen zu Russland unterhalten, müssten mit ins Boot geholt werden, hiess es.

5. Pandemie-Management

Der Krieg dominierte aber nicht alles in Elmau. Die G7-Staaten wollen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dabei unterstützen, bis Mitte 2022 70 Prozent der Weltbevölkerung gegen Covid zu impfen. Dafür muss die globale Impfkampagne beschleunigt werden. Auf der Grundlage der in der Corona-Pandemie gemachten Erfahrungen will das Forum die globale Gesundheitsarchitektur stärken. So soll eine bessere Prävention bei künftigen Pandemien ermöglicht werden.

6. Zeichen Richtung China

Ein deutliches Zeichen setzen die sieben Staats- und Regierungschefs auch in Richtung China. So haben sie beschlossen, bis 2027 möglichst 600 Milliarden US-Dollar für grosse Infrastrukturmassnahmen und eine verbesserte Gesundheitsinfrastruktur weltweit zu mobilisieren. Dieser Beschluss soll deutlich machen, dass die westlichen Demokratien nicht länger zuschauen wollen beim chinesischen Engagement in Asien, Afrika und Lateinamerika. Peking bemüht sich seit Jahren, über Milliardenkredite und Investitionen seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss weltweit auszudehnen.

7. Beginn einer politischen «Bromance»?

Seit einem Jahr herrscht quasi Funkstille zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron (44) und dem britischen Premierminister Boris Johnson (58). Der Brexit, Flüchtlinge im Ärmelkanal und die unterschiedlichen Strategien im Ukraine-Krieg sorgten für angespannte Stimmung. Auf dem bayerischen Schloss Elmau schienen die beiden allerdings neue Annäherungsversuche zu starten, wie Bilder zeigen. Briten-Premier Johnson sprach nach einem Treffen mit Macron gar scherzhaft von einer «Bromance». Bloss: Der Schein könnte trügen, die beiden Staatsoberhäupter sind sich in vielen Dingen noch immer uneinig. (oco)

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