Wann marschiert die israelische Armee in den Gazastreifen ein?
Israel hat eine Bodenoffensive gegen die Hamas angekündigt. Die Vorbereitungen dafür sollen abgeschlossen sein. Doch die USA scheinen Israel vom Einmarsch in den Gazastreifen abhalten zu wollen. US-Präsident Joe Biden warnte, nicht die Fehler zu wiederholen, die sein Land im Antiterrorkampf gemacht habe, und spielte damit auf die Kriege in Afghanistan und dem Irak an. Israels Verteidigungsminister Joaw Galant sagte kürzlich vor Soldatinnen und Soldaten: «Ihr seht den Gazastreifen noch aus der Ferne, aber bald werdet ihr ihn von innen sehen.» Wann die Bodenoffensive beginnt, ist ungewiss. Und es besteht die Möglichkeit, dass es am Ende gar nicht zu einem Einmarsch kommt.
Welches Ziel hätte eine Bodenoffensive?
Für Israel dürften zwei Ziele im Vordergrund stehen: die Terrororganisation Hamas zu zerstören und die mehr als 200 Geiseln aus Gaza zu befreien. Das Problem ist: Der Einmarsch würde auch die Geiseln in Gefahr bringen. Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass Israel bisher nicht im grösseren Stil Bodentruppen eingesetzt hat. Klar ist: Eine klassische Militäroperation im dicht besiedelten Gazastreifen würde zu blutigen Häuserkämpfen führen. Das würde den Konflikt verlängern und verschärfen.
Wer hat das Krankenhaus in Gaza beschossen?
Nach der Explosion einer Rakete vor der Ahli-Arab-Klinik in der Stadt Gaza mit Dutzenden Toten am Dienstagabend spricht die Hamas weiter von einem Angriff der israelischen Armee. Die erklärt aber, es habe sich um eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihad gehandelt. Noch lässt sich nicht abschliessend beurteilen, wer für die Explosion verantwortlich ist. Indizien deuten mittlerweile eher darauf hin, dass das Projektil aus dem Gazastreifen abgefeuert wurde. Laut Angaben des israelischen Militärs von gestern ist etwa ein Fünftel der in den letzten 24 Stunden aus dem Gazastreifen abgefeuerten Raketen in den Palästinensergebieten eingeschlagen.
Droht die Ausweitung des Kriegs auf andere Länder?
Das hängt massgeblich vom Iran und seinen Stellvertretermilizen ab. Besonders angespannt ist die Lage an der Nordgrenze zum Libanon, wo die vom Iran aufgerüstete Hisbollah-Miliz sitzt. Sie feuerte in den letzten Tagen Raketen auf Israel. Die Angst vor einem Zweifrontenkrieg ist also berechtigt. Der Iran nennt seine in der Region verteilten Milizen «Achse des Widerstands». Deren gemeinsamer Angriff auf Israel ist denkbar, zurzeit aber eher unwahrscheinlich.
Wie ist die Lage der Menschen im Gazastreifen?
Die Situation in den Palästinensergebieten ist dramatisch. Bei heftigen Luftangriffen Israels starben bereits Hunderte Zivilistinnen und Zivilisten, Hunderttausende flüchteten aus Nordgaza Richtung Süden. Aufgrund einer rigorosen Blockade durch Israel fehlen an vielen Orten Wasser und Strom, das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps. Die Uno warnt vor einer humanitären Katastrophe. Gestern Samstag erreichte ein Konvoi aus 20 Lastwagen mit Nahrungs- und Arzneimitteln den Gazastreifen, nachdem Ägypten auf internationalen Druck den gesperrten Grenzübergang bei Rafah öffnen liess.
Muss auch die Schweiz mit Terroranschlägen rechnen?
Die Eskalation im Nahen Osten erhöht laut Experten die Terrorgefahr in Europa. Vor allem propagandistisch ausgeschlachtete Bilder von zivilen palästinensischen Opfern könnten militante Islamisten zu Gewalttaten anspornen. In den letzten Tagen kam es bereits in mehreren Ländern zu Gewalttaten gegen jüdische Einrichtungen. In Brüssel erschoss ein Terrorist zwei Menschen, im nordfranzösischen Arras erstach ein junger Islamist einen Lehrer. Laut Nachrichtendienst des Bundes ist die Terrorgefahr in der Schweiz «erhöht». Das plausibelste Szenario seien Gewaltakte von Einzeltätern.
Wie könnte die Zukunft in Israel aussehen?
Was nach dem Gaza-Krieg und einer möglichen israelischen Bodenoffensive folgt, ist völlig ungewiss. Viele weitere Fragen sind offen: Würde Israel nach einem Einmarsch in den Gazastreifen wieder abziehen? Oder würde es das Küstengebiet besetzt halten, um weitere Terroranschläge zu verhindern? Würden internationale Schutztruppen eingesetzt, wie es der israelische Ex-Präsident Ehud Olmert vor einer Woche im Interview mit SonntagsBlick forderte? Sicher ist bislang nur: Die terroristische Organisation Hamas wird deutlich geschwächt, wenn nicht fast vollständig zerstört aus dem Krieg hervorgehen. Die Chancen auf einen langfristigen Frieden in der Region sind auf absehbare Zeit in weite Ferne gerückt.