Rund ein Jahr hat Deutschland mit den USA und Israel um Arrow 3 verhandelt. Es gilt als das modernste und effektivste Raketenabwehrsystem der Welt. Am Donnerstag gab das israelische Verteidigungsministerium schliesslich bekannt, dass die USA den Kauf bewilligt haben. Der Deal erhält damit grünes Licht.
Was kann Arrow 3?
Arrow 3 ist ein Raketenabwehrsystem, das die USA gemeinsam mit Israel entwickelt hat. Sein Ziel: Feindliche Raketen in grosser Entfernung zerstören. Die Raketen verfügen über eine Reichweite von bis zu 2400 Kilometern. Zum Vergleich: Das in Israel eingesetze Raketenabwehrsystem Iron Dome hat eine Reichweite von gerade einmal 100 Kilometern.
Doch auch die Flughöhe macht das System einzigartig. Seine Abwehr-Raketen erreichen eine Flughöhe von bis zu 100 Kilometer und können sogar feindliche Langstreckenraketen aus dem Weltall abfangen.
Wie funktioniert das?
Arrow 3 verfügt über eine mobile Radareinheit, die feindliche Raketen erkennt und verfolgt. Zudem besitzt es ein Kontrollzentrum, das ihre Flugbahn laufend berechnet und bei Bedarf korrigiert. Eine mobile Startvorrichtung feuert schliesslich Abwehr-Raketen ab, die die feindlichen Raketen mithilfe der Radareinheit verfolgen und durch einen heftigen Aufprall zerstören.
Wie der «Spiegel» berichtet, verfügen die Abwehr-Raketen über schwenkbare Triebwerke, wodurch sie jederzeit manövriert werden können. Sollte es also zu einem Raketen-Alarm kommen, kann Arrow 3 abfeuern, bevor das Ziel überhaupt feststeht. Und: Sollte die Abwehr-Rakete das Zielobjekt leicht verfehlen, so können die gegnerischen Raketen laut der Zeitung dennoch durch einen Näherungszünder mit einem Splittersprengkopf zerstört werden.
Schützt Arrow 3 gegen Atom-Raketen?
Arrow 3 kann selbst Atom-Raketen abfangen. Eine Gefahr für Menschen besteht dabei nicht, erklärt Raketenexperte Tal Inbar in einem Interview mit «Bild». Denn: Die schädlichen Materialien «verflüchtigen sich in der Luft» – weitab von der Zivilisation.
Was kostet das Abwehrsystem?
Laut israelischem Verteidigungsministerium wird Deutschland wohl rund 3,5 Milliarden US-Dollar für das Abwehrsystem zahlen. Hinzu kommen die Flugkörper. Laut dem «Spiegel» dürften 50 Stück davon rund 400 Millionen US-Dollar kosten. Vermutlich dürfte dafür ein Teil des Sondervermögens der Bundeswehr aufgewendet werden.
Wann und wo wird Arrow 3 stationiert?
Laut der Deutschen Presse-Agentur soll das System bereits Ende 2025 einsatzbereit sein. Wie «Bild» schreibt, sind aktuell drei Stützpunkte geplant. Im Fliegerhorst Holzdorf zwischen Berlin, Leipzig und Dresden soll das System bereits am 1. September 2025 stationiert werden. Geplant sind zwei weitere Stützpunkte in Schleswig-Holstein und Bayern. Sie sollen laut Ingo Gerhart, Inspekteur der Luftwaffe, eine «sogenannte Resilienz» im Falle eines Systemausfalls bieten.
Da die Abwehr-Raketen über eine enorme Reichweite verfügen, ist der Schutz unabhängig vom Standort für das ganze Land gewährleistet. Deutschland misst von Norden bis Süden rund 870 Kilometer.
Warum braucht Deutschland Arrow 3?
Der Vorschlag, Arrow 3 zu kaufen, kam von der Deutschen Luftwaffe. Gerhart erklärt, die Anschaffung sei dringend nötig gewesen, da Deutschland aktuell über keinen Schutz vor Langstreckenraketen verfüge: «Ballistische Raketen, die aus dem Weltraum kommen, können wir bislang nicht abwehren.» Auch Ralf Thiele, Präsident Eurodefens Deutschland, sieht höchsten Bedarf. Schon im vergangenen Jahr warnte er: «Es herrscht ein offener Luftraum, der gegen moderne Angriffe ungeschützt ist.»
Kann Arrow 3 den Rest Europas schützen?
Aufgrund der hohen Reichweite könnte Arrow 3 auch ausserhalb deutscher Landesgrenzen Schutz für Europa bieten. «Wenn sich andere Staaten anhängen, haben wir bald eine gute Abwehrglocke über Europa, die auch gegen eine Bedrohung aus weit entfernten Ländern wie Iran, China und Nordkorea sowie aus dem All schützen kann», erklärt Thiele.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte zudem schon zu Beginn der Arrow-3-Verhandlungen an, dass die Fähigkeiten des Abwehrsystems Teil des europäischen Luftverteidigungssystems werden könnten. Wie genau dies aussehen könnte, ist jedoch unklar. (mrs)