Die vierte Welle erwischt Deutschland gerade mit voller Wucht. Die Spitäler sind am Anschlag. Besonders im Süden und Osten Deutschlands wird die Lage von Tag zu Tag dramatischer.
In Bayern und Baden-Württemberg würden bereits «täglich Verlegungen zwischen Krankenhäusern zum Ausgleich und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit durchgeführt», meldeten die Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht der Länder. Auch in Hessen werde es immer schwieriger, Patienten auf den Intensivstationen unterzubringen.
Um die Spitäler in Corona-Hochinzidenzgebieten zu entlasten, ziehen die Länder dem Bericht zufolge erstmals auch deutschlandweite Verlegungen vor Patienten in Betracht: So sei in Baden-Württemberg bereits erwogen worden, Patienten über 700 Kilometer nach Schleswig-Holstein zu verlegen. In Bayern seien Patienten zum Teil rund 400 Kilometer weit aus dem südöstlichen Landesteil nach Würzburg im Norden verlegt worden.
Sogar die Bundeswehr ist in Alarmbereitschaft. Die Bundeswehr will nach einem Bericht des «Spiegels» bis Weihnachten wegen der sich verschärfenden Corona-Lage 12'000 Soldaten zur Unterstützung von überlasteten Kliniken und Gesundheitsämtern mobilisieren. Uniformierte Helfer sollten auch für Booster-Impfungen und Schnelltests vor Pflegeheimen und Hospitälern bereitstehen.
«Die glauben unserer Covid-Diagnose nicht»
Auch Corona-Skeptiker liegen auf den Intensivstationen. Trotz des schweren Verlaufs zeigen einige keinerlei Einsicht. Selbst, wenn sie für gewisse Zeit beatmet werden müssen. Ja, sogar bis zum Tod.
Diese Erfahrung macht Professor Michael Bauer vom Uniklinikum Jena leider immer wieder. «Die glauben unserer Covid-Diagnose nicht», sagt er zum «Spiegel». Manche würden sogar gegenüber den Ärzten und dem Pflegepersonal mit Gewalt drohen.
Aus dem schweren Verlauf würden solche Leute nicht lernen. Sie zweifeln weiter an der Wirkung einer Impfung. Und genau das macht Bauer fertig. Es nagt an ihm. «Diese postfaktische Gesellschaft bringt mich um.» Denn die meisten schwere Fälle wären mit der Impfung vermeidbar gewesen. «Wir haben jetzt grundlos Tote». Bauer spricht Klartext. 3G bedeute für ihn: «Geimpft, genesen oder gestorben.»
Lockdown für Ungeimpfte gefordert
Weil es noch zu viele Ungeimpfte gibt, fordert Bauer eine Ansage von der Politik. Einen Lockdown für Ungeimpfte, so in der Art wie in Österreich. «Wir müssen die Komfortzone einschränken.»
Das müsste dann auch kontrolliert werden. Und bei Verstoss müssten hohe Bussen drohen. Nur so sieht der Arzt eine Chance, die hohen Corona-Zahlen in den Griff zu kriegen. Und wenn nicht, dann würde wieder der Lockdown für alle drohen.
Gratis-Tests für alle
Inzwischen hat die Regierung eine erste Massnahme beschlossen. Ab Samstag hat jeder Bürger wieder Anspruch auf mindestens einen kostenlosen Corona-Test pro Woche.
Gesundheitsminister Jens Spahn rechnet damit, dass die Möglichkeiten zum kostenlosen Testen ab Anfang kommender Woche nach und nach wieder verstärkt zur Verfügung stehen.
Mit der neuen Verordnung können vorhandene Teststellen ihre Arbeit aufnehmen, die Länder können den Auftrag für die Einrichtung zusätzlicher Stellen erteilen.
Gesundheitsminister schlägt 2G-Plus vor
Die bisherigen Gratis-Tests waren am 10. Oktober ausgelaufen. Mit dem Ende der Kostenerstattung war auch die Hoffnung verbunden, dass sich mehr Menschen impfen lassen. Dennoch verläuft die Impfkampagne weiterhin eher schleppend.
Nunmehr wird auch deshalb auf verstärktes Testen gesetzt, weil sich auch geimpfte Menschen mit dem Coronavirus infizieren. Spahn hat am Freitag für Veranstaltungen eine «2G-Plus-Regelung» vorgeschlagen. Das heisst, Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen entweder geimpft oder genesen sein und sich zusätzlich testen lassen. (jmh/AFP)