Der Schweizer Peter Leupin half mit, den bolivianischen Präsidenten zu vertreiben
«Morales kehrt garantiert nie mehr zurück»

Nach der Flucht von Präsident Evo Morales keimt in Bolivien Hoffnung auf. Der Basler Peter Leupin (60) erzählt gegenüber BLICK, wie er – trotz Verbot – an den Demos teilnahm und dass er nun an eine blühende Zukunft für Bolivien glaubt.
Publiziert: 27.11.2019 um 13:19 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2020 um 15:35 Uhr
Foto: Blick Grafik
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Friedlicher Protest mit Schweizer Unterstützung (v.r.): Peter Leupin, seine Frau Lourdes Díaz mit der Bolivien-Flagge, Demokraten-Abgeordnete Tatiana Añez und Nachbarin Martha Caballero mit der Flagge von Santa Cruz.
Foto: Zvg
Guido Felder

Unter Druck gab er auf, jetzt ist Evo Morales (60) weg. Nachdem er seinen Rücktritt erklärt hat und nach Mexiko geflohen ist, hellt sich die Stimmung im ganzen Land auf. Bolivien scheint über dem Berg zu sein.

Am Sonntag sind wieder Tausende Bolivianer auf die Strasse gegangen. Der in Bolivien lebende Peter Leupin (60) erzählt BLICK: «Es waren ganz eigenartige Kundgebungen. Die Leute setzten sich mitten auf der Strasse auf Stühle und feierten die Veränderung, die das Land zurzeit erfährt. Es herrscht ein sehr friedliche Stimmung.»

Schreckensmoment am Kreisel

Auch Peter Leupin feierte in seinem Wohnort Cotoca, 30 Kilometer von Santa Cruz entfernt, mit. Mit Fahnen marschierte er zu einem grossen Kreisel, um sich da mit andern niederzulassen, als er einen Schreckensmoment erlebte. «Plötzlich kamen rund 200 Moto-Taxi-Fahrer angebraust, die uns – aufgewiegelt von Morales – angreifen wollten. Nach einigen Diskussionen gaben sie aber auf.»

Leupin ist vor 26 Jahren nach Bolivien ausgewandert, nachdem er im Basler Restaurant Gifthüttli eine Bolivianerin kennengelernt hatte. Im Tiefland von Bolivien führte er einige Jahre ein Quartierbeizli und arbeitete als Deutschlehrer.

«Die Demokratie im Blut»

Während den 21 Protesttagen lief Leupin mehrere Male im Umzug mit. «Als Schweizer hat man es im Blut, wenn es um die Förderung von Demokratie geht», sagt er. Doch er musste Vorsicht walten lassen: Ausländern ist es untersagt, politisch aktiv zu sein.

Morales ist vor 13 Jahren an die Macht gekommen. Leupin: «Niemand hat damit gerechnet, dass er sich so lange an der Macht halten könnte. Es gelang ihm aber mit seiner aggressiven Art, die Opposition wegzufegen.»

Die Gurgel zugeschnürt

In seiner Regierungszeit habe Morales viele Versprechen gemacht, die er danach nicht eingehalten habe. Peter Leupin hat erlebt, wie Morales «seinem Volk die Gurgel zuschnürte und die Gesetze vergewaltigte». Jeden Tag verfolgte Leupin im Fernsehen Morales’ Propagandasendungen. Überall im Land hingen übergrosse, verherrlichende Poster des Despoten. «Er gab sich als Messias aus, als Retter der Armen», sagt Leupin.

Mit sanftem Druck schafften es die Bolivianer, Morales zu vertreiben. «Als meine Nachbarn aus Protest eine Wäscheleine über die Strasse spannten, dachten sie nicht im Traum daran, dass Morales schon 21 Tage später über den Widerstand der Bevölkerung stolpern würde», berichtet Peter Leupin. Evo Morales habe diese unorthodoxe Form des Protests nicht mit Wasserwerfern und Tränengas bekämpfen können. Leupin: «Es fanden sich keine Polizeikräfte, die gegen kaffeetrinkende Nachbarn, die ihre Stühle auf die Strasse stellten, vorgehen wollten.»

Haftbefehl gegen Morales

Peter Leupin hält grosse Stücke auf die Übergangspräsidentin Jeanine Añez (52), die in den nächsten 120 Tagen Neuwahlen durchführen will. «Sie ist keine Rechte, wie immer wieder berichtet wird, sondern eine konservative Politikerin, die diplomatisch und doch konsequent vorgeht und auch der bisherigen Regierungspartei MAS die Hand reicht», sagt Leupin.

Morales, dem man vorwirft, auf seiner Flucht noch schnell die Nationalbank geplündert zu haben, meldet sich regelmässig aus seinem Exil in Mexiko. Er ruft die Bolivianer auf, Barrikaden zu errichten und sich gegen die Übergangsregierung zu stemmen. «Er will das Volk einschüchtern und manipulieren», sagt Leupin.

Inzwischen hat die Übergangsregierung gegen Morales Haftbefehl wegen Terrorismus erlassen. Leupin ist überzeugt: «Morales wird garantiert nie wieder nach Bolivien zurückkehren.» Und der Schweizer fügt erleichtert an: «Damit dürfte die Krise überwunden sein.»

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