Der Hilferuf wird immer lauter – US-Senatoren fordern sogar parteiübergreifend Einsatz bei Nuklearschlag
Wann schlägt die Nato zu?

Die Nato soll sich bereit machen, um im Fall eines russischen Nuklearschlags oder einer AKW-Sabotage sofort reagieren zu können. Das fordern Politiker der Demokraten und Republikaner im US-Senat. Steigt das Bündnis schon bald in den Krieg ein?
Publiziert: 27.06.2023 um 16:00 Uhr
|
Aktualisiert: 28.06.2023 um 13:47 Uhr
1/14
Vor wenigen Tagen nahmen Nato-Staaten an der gemeinsamen Übung «Fast Response 23» teil. Im Bild nordmazedonische Soldaten.
Foto: AFP
RMS_Portrait_AUTOR_242.JPG
Guido FelderAusland-Redaktor

Im Ukraine-Krieg wird der Ruf nach der Nato lauter. So verlangen US-Senatoren parteiübergreifend einen Nato-Einsatz, sollte Russland einen Nuklearschlag führen oder ein Atomkraftwerk zerstören.

Absender der Resolution sind der Republikaner Lindsey Graham (67) aus South Carolina und der Demokrat Richard Blumenthal (77) aus Connecticut. Graham sagt: «Wir glauben, dass in der Ukraine eingesetzte Atomwaffen Strahlung in grosse Gebiete in Europa freisetzen werden, in denen sich Nato-Verbündete aufhalten.»

Er und sein Kollege Blumenthal halten die Bedrohung durch den Einsatz einer Atombombe für real. Graham: «Der beste Weg, diese Bedrohung abzuschrecken, besteht darin, Putins Russland Klarheit darüber zu verschaffen, was passiert, wenn es Atomwaffen einsetzt.»

«Man weiss nicht, was aus Belarus kommen kann»
4:03
Auslandredaktorin zum Deal:«Man weiss nicht, was aus Belarus kommen kann»

Die Resolution hat empfehlenden Charakter und muss von den Parteien noch abgesegnet werden.

Am Montag rief auch Litauens Präsident Gitanas Nauseda (59) die Nato um Hilfe. Er fordert wegen des Aufstands der Wagner-Gruppe eine stärkere Präsenz des Bündnisses an der Ostflanke. «Dies ist die Frontlinie der Nato, wo es keinen Platz selbst für die kleinste Sicherheitslücke gibt», sagte Nauseda nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (64) am Montag in Vilnius.

Null-Toleranz in den USA

Bei einem EU-Aussenministertreffen in Luxemburg machten am Montag etliche Teilnehmer deutlich, dass sie die Lage in Moskau auch nach dem Rückzug der Wagner-Gruppe von Jewgeni Prigoschin (62) für unberechenbar halten. Als ein Horrorszenario wird gesehen, dass der russische Präsident Wladimir Putin (70) versucht sein könnte, für militärische Erfolge im Angriffskrieg gegen die Ukraine auch Atomwaffen einzusetzen.

Wie realistisch ist der aktive Einsatz der Nato im Ukraine-Krieg? Liviu Horovitz (40), Nato- und Nuklear-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, sagt gegenüber Blick: «Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich die Nato auf einen Krieg zu bewegt.» Denn es gebe auch kaum Anzeichen dafür, dass Russland im Krieg gegen die Ukraine Atomwaffen einsetzen wolle.

Auch habe die Biden-Regierung immer wieder betont, dass Washington kein Interesse an einer direkten Beteiligung am Krieg habe.

Wenn es allerdings zu einem Nuklearschlag käme, hätte das nicht nur extreme Folgen vor Ort, sondern würde das ganze globale System, wie wir es kennen, in Frage stellen. «Die USA müssten ihren Verbündeten in Europa und Asien höchstwahrscheinlich zeigen, dass Washington ein solches Vorgehen nicht toleriert», sagt Horovitz.

USA statt Nato

In einem solchen Falle wäre es wahrscheinlicher, dass nicht die Nato, sondern die USA in Eigenregie militärische Massnahmen gegen Russland ergreifen würden. Es sei aber fraglich, ob dies dann einen Kriegseintritt bedeuten würde. Horovitz: «Sowohl Russland als auch die USA sind sich bewusst, dass massive militärische Auseinandersetzungen zwischen Nuklearmächten schwer zu kontrollieren sind und eine strategische nukleare Eskalation in diesem Fall eine reale Gefahr darstellen würde.»

Die Nato trifft sich am 11. und 12. Juli in Vilnius zum Gipfel. Sie wird umsetzen müssen, was sie vor einem Jahr in Madrid beschlossen hat. Es geht um die Fortsetzung und Steigerung der Unterstützung der Ukraine sowie um die Stärkung der Ostflanke. Zudem ist auch die Finanzierung ein zentrales Thema: Jeder Mitgliedstaat soll in Zukunft mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandproduktes in die Verteidigung investieren.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?