Sobald die aktuelle Pandemie vorbei ist, will sich der deutsche Chefvirologe der Berliner Charité der Erforschung anderer Viren widmen: Christian Drosten (48) warnt vor einem Risiko durch Mers-Viren. Dieser Virenstamm habe das Potenzial, der «nächste Pandemiekandidat» zu werden.
Sars-CoV-2, das Coronavirus, das die aktuelle Pandemie ausgelöst hat, bekomme in der Forschung genügend Aufmerksamkeit: «Alles, was da zu machen ist, macht schon jemand.» Er wolle daher mit einer kleinen Arbeitsgruppe ein neues Thema aufbauen, sagte er gegenüber dem deutschen Wirtschaftsportal Capital.
Das sogenannte Mers-CoV kann tödliche Atemwegsinfektionen auslösen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Mers als «Priority Disease» ein. Eine «Priority Disease» ist eine Krankheit, deren Erforschung und Entwicklung von Medikamenten höchste Priorität eingeräumt werden muss.
Vor allem in Saudi-Arabien
Mit Mers wird gemeinhin das Middle East Respiratory Syndrome beschrieben, das zur Gruppe der Coronaviren gehört. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) festhält, bezeichnet Mers-CoV eine Infektion der oberen Atemwege, die erstmals im April 2012 auf der Arabischen Halbinsel nachgewiesen wurde. Seitdem verbreitet sich das Virus überwiegend in Saudi-Arabien.
Bis September 2020 verzeichnete das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) mehr als 2500 laborbestätigte Fälle in 27 Ländern, darunter mehr als 800 Todesfälle. Der bisher höchste Anstieg der Infektionen war mit über 750 Mers-Fällen im Jahr 2014 verzeichnet worden. Im laufenden Jahr wurden bisher 61 Fälle registriert, alle auf der Arabischen Halbinsel.
Kommt es vom Dromedar?
Wie auch beim aktuellen Coronavirus handelt es sich bei Mers-CoV um einen zoonotischen Erreger – also um ein Virus, das von Tieren auf Menschen übertragen werden kann. Als wahrscheinlichste Ansteckungsquelle gelten laut der Weltgesundheitsorganisation WHO Dromedare. Die Inkubationszeit bei einer Infektion mit Mers beträgt in der Regel ein bis zwei Wochen.
Bei gesunden Menschen verläuft die Mers-Erkrankung in der Regel asymptomatisch oder mit milden grippeähnlichen Symptomen, klärt die WHO auf. Die Beschwerden ähneln mit Fieber, Husten, Kurzatmigkeit und zum Teil Durchfall denen einer Sars-CoV-2-Infektion. Bei schweren Mers-Verläufen kann sich ebenfalls eine Lungenentzündung entwickeln, die in ein akutes Atemnotsyndrom übergehen kann.
Auch in der chemischen Industrie rechnet man mit der Ausbreitung. Jedenfalls arbeiten zurzeit mehrere Firmen mit Hochdruck an der Entwicklung eines Impfstoffs. (gf)