Nach der Erstürmung des Kapitols durch Anhänger von Donald Trump (74) wollen die Demokraten im Kongress am Montag Schritte zur Amtsenthebung des abgewählten US-Präsidenten einleiten. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (80), teilte in einem am Sonntagabend (Ortszeit) veröffentlichten Schreiben an ihre Fraktionskollegen mit, am Montagmorgen solle zunächst eine Resolution eingebracht werden, mit der Vizepräsident Mike Pence (61) aufgefordert wird, vom 25. Verfassungszusatz Gebrauch zu machen. Pence sei gebeten, binnen 24 Stunden zu reagieren.
In einem nächsten Schritt werde das Repräsentantenhaus ein parlamentarisches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einleiten, hiess es in dem Brief Pelosis weiter. «Beim Schutz unserer Verfassung und unserer Demokratie werden wir mit Dringlichkeit handeln, weil dieser Präsident eine unmittelbare Bedrohung für beide darstellt. Je mehr Tage vergehen, desto grösser wird der Schrecken des anhaltenden Angriffs auf unsere Demokratie durch diesen Präsidenten, und desto dringender ist der Handlungsbedarf.»
Trump eine «Gefahr für nationale Sicherheit, Demokratie und Verfassung»
Die Demokraten haben bereits eine Resolution für das parlamentarische Amtsenthebungsverfahren gegen Trump entworfen. Als einziger Anklagepunkt wird darin «Anstiftung zum Aufruhr» aufgeführt. Trump wird darin beschuldigt, seine Unterstützer vor dem Sturm auf das Kapitol bei einer Kundgebung aufgestachelt zu haben. Bei den Unruhen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. In dem Resolutionsentwurf wird Trump als «eine Gefahr für die nationale Sicherheit, die Demokratie und die Verfassung» bezeichnet. Trump wäre der erste US-Präsident in der Geschichte, gegen den gleich zwei Amtsenthebungsverfahren eröffnet wurden.
Pelosi hat Pence bereits in den vergangenen Tagen dazu aufgefordert, Schritte zu ergreifen, um Trump abzusetzen. Grundlage ist Zusatzartikel 25 der US-Verfassung. Demnach kann der Vizepräsident mit einer Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder den Präsidenten für unfähig erklären, «die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben». Pence hat auf die Forderungen bislang nicht reagiert. Noch letzte Woche kritisierte ihn Trump scharf dafür, Joe Biden (78) als Sieger der Wahl vom 3. November offiziell bestätigt zu haben. Trump sagte, seinem Vize Pence fehle der Mut.
Trump scheidet mit der Vereidigung seines demokratischen Nachfolgers Biden am 20. Januar automatisch aus dem Amt. Selbst wenn das Repräsentantenhaus diese Woche die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens beschliessen würde: Eine Entscheidung im Senat, in dem es geführt würde, wäre vor dem 20. Januar quasi ausgeschlossen. Neben der Amtsenthebung sieht der Resolutionsentwurf aber auch vor, dass Trump für künftige Regierungsämter gesperrt wird. Damit würde ihm eine etwaige Kandidatur 2024 verwehrt. (kes/SDA)