Alexander Chodakowski (51), Kommandeur der von Russland annektierten ukrainischen Oblast Donezk, fordert ein Einfrieren von Kampfhandlungen entlang der derzeitigen Frontlinien. Der Veteran des Ukraine-Kriegs, der schon 2014 mit russischen Truppen in den Donbass einfiel, gilt als strammer Verbündeter von Kriegspräsident Wladimir Putin (70). Jetzt übt er Kritik am Kreml-Herrscher.
Chodakowski, ehemaliger Minister für Staatssicherheit der Volksrepublik Donezk, sagt, dass «Russland in naher Zukunft nicht in der Lage sein wird, die Ukraine militärisch zu stürzen». Es sei «unwahrscheinlich», zitiert ihn das Institute for the Study of War (ISW), «dass die russischen Streitkräfte ohne weiteres weitere ukrainische Städte einnehmen könnten».
Prigoschin legte vor
Damit stellt der Widerstandsführer de facto die Kriegsstrategie Moskaus infrage, wie es der damalige Wagner-Führer Jewgeni Prigoschin (62) im April getan hatte. Prigoschin forderte, dass sich Russland wahrscheinlich mit einem «Waffenstillstand» zufriedengeben müsse, da in der Ukraine weder Frieden noch Krieg zum Ziel führen würde.
Chodakowski befehligt Truppen, die im Grenzgebiet der Oblast Donezk-Saporischschja verteidigen. Seine Äusserungen über ein Einfrieren des Kriegs folgen auf die ukrainische Befreiung von Urozhaine am 16. August. Das könnte darauf hindeuten, dass die jüngsten ukrainischen Erfolge das Vertrauen in die russische Verteidigung entlang der breiteren Front in der Südukraine erheblich geschwächt haben.
Chodakowski rechnet dem Kreml vor, dass die Ukraine «in diesem Zustand des eingefrorenen Konflikts ausreichend geschwächt wäre und Russland in einer solchen Situation mehr Einfluss auf die Ukraine ausüben könnte als derzeit während der militärischen Spezialoperation».
«Sieg ohne Verhandlungen»
Fast die gleichen Worte hatte Prigoschin in seinen Ausführungen am 14. April gewählt – womit Chodakowski andeutet, dass Russland in der Ukraine auf der Stelle trete, ja zu verteidigen habe, was es (noch) halte. Wie Prigoschin will womöglich auch Chodakowski damit Voraussetzungen für einen künftigen Sieg ohne Verhandlungen schaffen, so ISW.
Aus Sorge um die innenpolitische Stabilität und die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs gibt es offenbar auch Kreml-Kreise, die an einem Einfrieren des Kriegs entlang der derzeitigen Frontlinien interessiert seien, so die ISW-Analyse.
Chodakowskis direkter Einfluss auf Putin scheint begrenzt. Doch ein «vorübergehender Waffenstillstand in der Ukraine und eine Verlängerung des Kriegs sind für Russland nur von Vorteil, da sie es den russischen Streitkräften ermöglichen, sich neu zu formieren». Auch würde die Unterstützung des Westens für die Ukraine zermürbt. (kes)