Bei einer Not handelt es sich laut Duden um eine «besonders schlimme Lage, in der jemand dringend Hilfe braucht». Diese Woche rief die WHO den globalen Gesundheitsnotstand aus.
Gewiss: Die mindestens 14'400 Menschen, die sich bislang mit dem Coronavirus 2019-nCoV infiziert haben, benötigen medizinische Versorgung.
Aber wie schlimm ist die Lage wirklich?
Westliche Airlines boykottieren China. Apple, Ikea und andere Grosskonzerne haben ihre Filialen im Reich der Mitte geschlossen. Gesichtsmasken sind Verkaufsrenner, Reisegewohnheiten ändern sich, Sportveranstaltungen werden verschoben. Russland, die USA und andere Länder haben ihre Grenzen für Reisende aus China dichtgemacht.
Die Stimmung ist geprägt von Angst – und grossem Nichtwissen. Diese Lücke wird von Verschwörungstheorien gefüllt. Im Internet kursieren seit Wochen Falschmeldungen und befeuern die allgemeine Hysterie.
Ursachen: 5G oder US-Biowaffenlabor
Auf Youtube etwa stellen User einen Zusammenhang mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G her. Die These: Sämtliche Todesfälle in Wuhan seien auf einen durch 5G-Strahlung verursachten «Zellabbau» zurückzuführen. Und die Behörden? Die halten das natürlich bewusst unter dem Deckel. Auf der chinesischen Videoplattform Tiktok kursieren Horrorgeschichten, laut denen das Coronavirus in staatlichen US-Biowaffenlaboren gezüchtet wurde, um Chinesen umzubringen.
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim Bundesamt für Gesundheit, antwortet auf die Frage, wie dramatisch die Situation im Vergleich zur herkömmlichen Grippe sei: «Die heute uns vorliegenden Zahlen lassen keinen eindeutigen Schluss zu. Wir tendieren dazu, dass die Gefährlichkeit für die Durchschnittsbevölkerung wahrscheinlich eher überschätzt wird. Das Risiko einer Ansteckung in der Schweiz ist nach wie vor gering.»
Dennoch folgt der bisherige Verlauf der Debatte einem gewohnten Muster: erste Fallmeldungen, Panik, Überreaktion, Beschwichtigung – und wenn die Infektionswelle abgeklungen ist, folgt das grosse Vergessen. Bei allen Epidemien und Seuchen der letzten Jahrzehnte verhielt es sich so, etwa bei der Legionärskrankheit, beim Rinderwahnsinn, bei Sars, Hühnerpest, Mers, Schweinegrippe oder Zika.
Globalisierung beschleunige Verbreitung von Krankheiten
Der britische Medizinhistoriker Mark Honigsbaum beschreibt in seinem soeben erschienenen Buch das «pandemische Jahrhundert»: Mit der Globalisierung beschleunigt sich die Ausdehnung von Infektionskrankheiten. Innert 72 Stunden kann sich heute ein Erreger über den Erdball verbreiten. Zugleich sind die Prognosen der Forschung laut Honigsbaum nicht präziser geworden – trotz des medizinischen Fortschritts.
Bei allen genannten Fällen hatten jeweils die Weltgesundheitsbehörde WHO oder einzelne Regierungen die Lage falsch eingeschätzt. «Jede Epidemie offenbart, wie schnell der vorhandene Wissensstand von einem neuen Erreger überholt werden kann und wie solche Epidemien – ohne vorhandenes Laborwissen und wirksame Heilmittel – Panik, Hysterie und Furcht auslösen können», führt Honigsbaum aus. Aber nicht nur Laien oder Medien würden die Angst verbreiten, sondern gerade Fachleute: «Die Wissenschaft selber trägt mitunter zu irrationalen oder vorgefassten Urteilen bei.»
Zu den kühlen Köpfen gehört der renommierte St. Galler Immunologe Pietro Vernazza. «Die Angst ist völlig übertrieben», sagt er. «Hätten wir heute einen Impfstoff, der 50 bis 70 Prozent der Geimpften gegen Coronavirus schützt, würden die Menschen die Apotheken stürmen und sich impfen lassen.» Die bereits existierende Impfung gegen das Influenzavirus jedoch, die zu etwa 70 Prozent schützt, nutze kaum jemand. Obwohl auch die Grippe eine schwere Krankheit ist. In der Schweiz sterben im Durchschnitt jedes Jahr 1500 Menschen daran.
Immunologe Vernazza bezweifelt, dass das Wuhan-Virus «bei uns wesentlich schwerer verlaufen wird als eine heftige Grippesaison».
Falsche Nachrichten werden markiert
Immerhin haben Internetplattformen mittlerweile damit begonnen, auf die verheerendsten Fake News zu reagieren. «Mehrere unserer Partner für die Überprüfung von Fakten auf der ganzen Welt haben Inhalte als falsch eingestuft», sagt ein Sprecher der Plattform Facebook. So würde die Verbreitung unzutreffender Nachrichten drastisch reduziert und Menschen, die diese Inhalte teilen, darauf hingewiesen, dass sie falsch sind.
Für Peking bedeutet der Ausbruch des Wuhan-Virus die grösstmögliche Herausforderung: Präsident Xi muss 1,4 Milliarden Staatsbürgern und der Welt beweisen, dass er mit zentralgelenkter Wissenschaft und heroischen Befehlen nicht nur die Lungenkrankheit, sondern auch die Verleumder im Internet besiegen kann: Ihm geht es längst nicht mehr nur um die Seuche, sondern auch um die Reputation seiner Diktatur.
In einer hochtechnologisierten und digitalisierten Welt, schreibt Mark Honigsbaum, bleiben lediglich Krankheitserreger als unkontrollierbare Macht. Oder, wie der Mediziner Louis Pasteur (1822– 1895) einst sagte: «Das letzte Wort haben die Mikroben.»
Das Pharmaunternehmen Roche hat einen eigenen Test zur Bestimmung des Coronavirus entwickelt und gibt ihn als Unterstützung für das öffentliche Gesundheitswesen gratis ab. Das gab Roche-Chef Severin Schwan diese Woche beiläufig am Rande der Medienkonferenz über das Geschäftsresultat des vergangenen Jahrs bekannt. SonntagsBlick hat bei Karsten Kleine nachgefragt.
Verteilt Roche den Gratistest nur in China?
Karsten Kleine: Roche stellt den Test weltweit zur Verfügung. In China haben wir Analysegeräte und Reagenzien zur Durchführung des Tests gespendet, um dort zu helfen, wo der Bedarf am grössten ist. Dabei arbeiten wir intensiv mit den Gesundheitsbehörden zusammen, um sicherzustellen, dass die Patienten Zugang zu den Tests haben. Die Tests werden in Spitälern auf unseren Geräten durchgeführt. Um einen Patienten zu testen, bedarf es nur einer Speichelprobe.
Kommen die Roche-Tests auch in der Schweiz zum Einsatz?
Auf Anfrage beliefern wir auch Schweizer Spitäler.
Nach der Entwicklung eines Tests für Coronaviren sieht Roche auch Chancen für einen Impfstoff gegen das Virus?
Nein. Roche entwickelt keine Impfstoffe.
(Ergänzung BAG: Sollten plötzlich mehrere Bestimmungen von Verdachtsfällen in der Schweiz nötig sein, werden wir die bestehenden Tests der Genfer Universitätsklinik mit der Roche-Analyse unterstützen.)
Das Pharmaunternehmen Roche hat einen eigenen Test zur Bestimmung des Coronavirus entwickelt und gibt ihn als Unterstützung für das öffentliche Gesundheitswesen gratis ab. Das gab Roche-Chef Severin Schwan diese Woche beiläufig am Rande der Medienkonferenz über das Geschäftsresultat des vergangenen Jahrs bekannt. SonntagsBlick hat bei Karsten Kleine nachgefragt.
Verteilt Roche den Gratistest nur in China?
Karsten Kleine: Roche stellt den Test weltweit zur Verfügung. In China haben wir Analysegeräte und Reagenzien zur Durchführung des Tests gespendet, um dort zu helfen, wo der Bedarf am grössten ist. Dabei arbeiten wir intensiv mit den Gesundheitsbehörden zusammen, um sicherzustellen, dass die Patienten Zugang zu den Tests haben. Die Tests werden in Spitälern auf unseren Geräten durchgeführt. Um einen Patienten zu testen, bedarf es nur einer Speichelprobe.
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Auf Anfrage beliefern wir auch Schweizer Spitäler.
Nach der Entwicklung eines Tests für Coronaviren sieht Roche auch Chancen für einen Impfstoff gegen das Virus?
Nein. Roche entwickelt keine Impfstoffe.
(Ergänzung BAG: Sollten plötzlich mehrere Bestimmungen von Verdachtsfällen in der Schweiz nötig sein, werden wir die bestehenden Tests der Genfer Universitätsklinik mit der Roche-Analyse unterstützen.)
Das neue Coronavirus hält die Welt in Atem. Doch was genau ist das Sars-ähnliche Virus überhaupt? Wie entstand es? Und wie kann man sich schützen? BLICK klärt hier die wichtigsten Fragen und hält Sie im Newsticker auf dem Laufenden.
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