Premierministerin Theresa May gab sich am Donnerstag bei zwei Auftritten - vor ihrem Regierungssitz in der Downing Street und im Parlament - kämpferisch. "Dies ist der richtige Deal für Grossbritannien", sagte sie.
"Der Text, auf den wir uns nun geeinigt haben, würde eine neue Freihandelszone schaffen mit der EU - ohne Zölle, Abgaben, Gebühren oder mengenmässige Beschränkungen." Doch bleiben offene Punkte. May plant für Samstag eine letzte Verhandlungsrunde in Brüssel.
Vertrag und politische Erklärung brauchen Absegnung
Für den Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, ist die Erklärung ein Zeugnis des Versagens der Regierung. Er kündigte an, seine Fraktion werde das Abkommen nicht unterstützen.
Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon twitterte: "Jede Menge Einhörner, die an die Stelle von Fakten über die künftigen Beziehungen treten." Mit Einhörnern meinte sie unrealistische Ziele.
Anders als der knapp 600 Seiten starke Vertrag über den EU-Austritt, auf dessen Entwurf sich London und Brüssel vergangene Woche geeinigt hatten, ist die politische Erklärung über die künftigen Beziehungen rechtlich nicht bindend.
Sie bildet die Grundlage für ein umfassendes Partnerschaftsabkommen, das in einer Übergangszeit nach dem Brexit geschlossen werden soll. Sowohl der Vertrag über den EU-Austritt als auch die politische Erklärung sollen am Sonntag auf dem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs abgesegnet werden.
- 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
- 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
- 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
- Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
- Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
- 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
- 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
- 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
- Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
- Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
Verlängerung der Übergangsphase als Option
Der Entwurf für die politische Erklärung sieht eine "ehrgeizige, breite, tiefe und flexible Partnerschaft über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit, Strafverfolgung und Strafjustiz, Aussenpolitik, Sicherheit und Verteidigung und weitere Felder der Kooperation" vor.
Die Rede ist von einer "ehrgeizigen, weitreichenden und ausgewogenen wirtschaftlichen Partnerschaft" und "ehrgeizigen Zollarrangements" auf Grundlage des schon im Austrittsvertrag angedachten "einheitlichen Zollgebiets". Einzelheiten bleiben offen.
Geklärt wurde aber eine andere Frage: Die Unterhändler einigten sich auf eine Option, die zunächst bis Ende 2020 vorgesehene Übergangsphase nach dem Brexit einmal um "bis zu einem oder zwei Jahre" zu verlängern.
Damit könnte nach dem Brexit bis Ende 2022 faktisch fast alles bleiben wie gehabt. In der Übergangsphase muss Grossbritannien weiter EU-Regeln einhalten und Beiträge nach Brüssel überweisen, ohne weiterhin in EU-Gremien vertreten zu sein.
Es bleiben offene Fragen
Obwohl nun offiziell das gesamte Brexit-Vertragspaket von den Unterhändlern beider Seiten akzeptiert ist, bleiben nach Darstellung der EU-Kommission offene Fragen, die bis zum Gipfel am Sonntag geklärt werden müssen.
So ist der Widerstand Spaniens gegen das Brexit-Abkommen noch nicht ausgeräumt: Der Streit mit Blick auf das britische Überseegebiet Gibraltar "muss noch gelöst werden", sagte ein Kommissionssprecher. "Die Arbeit daran dauert an."
Die Regierung in Madrid hatte Änderungen am Entwurf des Austrittsvertrags verlangt, weil sie Festlegungen über den künftigen Status von Gibraltar fürchtet. Das Gebiet am Südzipfel der Iberischen Halbinsel steht seit 1713 unter britischer Souveränität, wird aber von Spanien beansprucht.
Ein Kommissionssprecher bestätigte auch Vorbehalte anderer EU-Staaten wegen des künftigen Zugangs zu Fischgründen vor britischen Küsten bestünden fort.
May sieht ebenfalls Klärungsbedarf. Ihr Sprecher bekräftigte, dass die Premierministerin am Samstagabend - also wenige Stunden vor dem Sondergipfel - nochmals Juncker treffen wolle. "Es ist der Moment zu sehen, wo wir sind", sagte der Kommissionssprecher.
May steht wegen der Vereinbarungen mit der EU im eigenen Land massiv unter Druck. Im britischen Parlament ist für das Vertragspaket keine Mehrheit in Sicht.
Erheblichen Widerstand gibt es neben der Labour-Partei auch in Mays konservativer Partei als auch bei ihrem Partner im Parlament, der nordirischen DUP. Letztlich steht auch Mays Schicksal als Premierministerin auf dem Spiel.