Bombenanschlag in Nordirland weckt schlimmste Erinnerungen
Der IRA-Terror ist zurück

Die Angst vor einer Rückkehr des Terrors in Nordirland wächst. Der jüngste Bombenanschlag zeigt, wie wichtig die Grenzfrage in der Brexit-Diskussion ist.
Publiziert: 21.01.2019 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2019 um 08:25 Uhr
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Dank Vorwarnung blieb es beim Sachschaden: Am 19. Januar 2019 zündeten Nira-Terroristen in Londonderry eine Autobombe.
Foto: AP
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Guido FelderAusland-Redaktor

Mit der chaotischen Diskussion über den Brexit ist auch der viel gefürchtete Terror in Nordirland wieder aufgeflammt. Am Samstagabend wurde vor einem Gerichtsgebäude in Londonderry eine Autobombe gezündet, die Sachschaden anrichtete, jedoch keine Verletzten forderte. Die Polizei verhaftete vier Verdächtige. Sie sollen der militanten Gruppierung Neue Irisch-Republikanische Armee (Nira) angehören, die mit Gewalt die Wiedervereinigung der beiden irischen Staaten anstrebt.

Von der IRA zur Nira

Der Anschlag zeigt, dass die linksnationalistische IRA ihre Waffen nicht gestreckt hat, sondern trotz Friedensvertrag nach wie vor im brutalen Aktivmodus steht. Nach Jahren des blutigen Konflikts seit 1969 hatten die Republik Irland, die britische Regierung und die Parteien in Nordirland 1998 das sogenannte Karfreitagsabkommen unterzeichnet. Darin verzichtet die Republik Irland darauf, die Wiedervereinigung mit Nordirland zu fordern, gleichzeitig liess sich die IRA entwaffnen.

Doch die gewaltfreie Zeit währte nicht lange. Kurz darauf bildete sich die Wahre IRA, die in mehreren Anschlägen zahlreiche Menschen tötete. 2012 schlossen sich weitere Gruppierungen an, worauf die «Neue IRA» entstand. Auch diese ist äusserst aktiv, wie der Anschlag vom Samstag zeigt.

Grenzfrage im Brexit entscheidend

Felix Dane, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Grossbritannien und Irland, glaubt zwar nicht, dass der jüngste Anschlag direkt etwas mit den Brexit-Verhandlungen zu tun hat. Dane gibt aber zu bedenken: «Der Anschlag zeigt ganz deutlich, wie präsent der Konflikt und wie fragil der junge Friede auf der Insel Irland nach wie vor ist.»

Laut Dane spürt man in beiden Teilen Irlands, wie im Zusammenhang mit dem Brexit der Druck zunimmt. Deshalb müsse man dem heiklen Thema der Grenzfrage besondere Aufmerksamkeit widmen. Dane: «Man kann beobachten, dass die Bewohner beider Staaten weniger miteinander agieren und sprechen. Es ist keine gesunde Entwicklung!»

Angst vor Abdriften zur EU

Die irische Grenzfrage ist vertrackt: Nordirland gehört zu Grossbritannien, die Republik Irland zur EU. Nach dem Brexit müsste zwischen den beiden irischen Staaten wieder eine Grenze mit Kontrollen errichtet werden, was zu einem Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts führen könnte. Würde man diese Grenze aus Rücksicht auf den irischen Frieden aber nicht ziehen, würde zwischen dem Vereinigten Königreich und seiner Provinz Nordirland eine EU-Aussengrenze entstehen. London befürchtet in diesem Fall, dass Nordirland Richtung EU abdriften würde.

Im nordirischen Konflikt stehen katholische Nationalisten, die eine Vereinigung mit Irland anstreben, protestantischen Unionisten gegenüber, die weiterhin zu Grossbritannien gehören wollen. Bisher starben rund 3500 Menschen.

Die Angst vor einer Rückkehr des Terrors ist gross. Die Zeitung «Irish Independent» schreibt: «Vorfälle wie der Bombenanschlag in Derry erinnern uns daran, dass die Gefahr einer ‹harten› oder sichtbaren Grenze wirklich eine Zielscheibe für jene stumpfen Rowdys wäre, die uns alle in unsere jüngste dunkle Vergangenheit zurückbefördern wollen.»

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