Ex-Football-Star Herschel Walker will Washington auf den Kopf stellen
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Ex-Football-Star Walker:«Gott hat mich vorbereitet»

Blick trifft Herschel Walker
Dieser Sport-Star beschert Joe Biden schlaflose Nächte

Trump ist sein grösster Fan – und Biden sein Feind: Der Ex-Football-Star Herschel Walker steht kurz vor der Sensation und würde den Republikanern mit seinem Wahlsieg die Mehrheit im Senat sichern. Blick hat den Mann getroffen, der Washington auf den Kopf stellen könnte.
Publiziert: 04.11.2022 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 04.11.2022 um 20:41 Uhr
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Herschel Walker (60) steht kurz vor der politischen Sensation.
Foto: keystone-sda.ch
Samuel Schumacher, Richmond Hill (USA)

Der Lebenslauf von Herschel Walker (60) liest sich wie die Biografie eines fleischgewordenen Superhelden: Als Student war er der beste American-Football-Player in Amerika, spielte danach 15 Jahre lang in der National Football League, holte als Bobfahrer an den Olympischen Winterspielen 1992 den 7. Rang, stieg mit 47 als Profi in den gefährlichen Kampfsport MMA ein, rannte die 100 Meter in 10,22 Sekunden, zeugte mit mindestens vier Frauen mindestens vier Kinder und verdiente als Gastrounternehmer Millionen.

Jetzt steht der Mann, der aussieht wie Mike Tyson ohne Tattoos, auf einem Parkplatz vor einer Shoppingmall in Richmond Hill, einer kleinen Stadt im südlichen US-Bundesstaat Georgia. Hinter ihm schwenken Teenager der lokalen Highschool «Herschel for Senate»-Transparente, vor ihm kreischen Hunderte Fans. «Mein ganzes Leben war nur die Vorbereitung für den heiligen Krieg, den wir jetzt führen müssen», ruft Herschel Walker in die Menge.

Die Stimme ist tief, die Zähne blitzen schneeweiss in der warmen Novembersonne, das Shirt spannt über der muskulösen Brust. «Denkt immer daran: Ich war an den Olympischen Winterspielen als Bobfahrer, obwohl es in meiner Heimat Georgia gar keinen Schnee gibt», ruft Walker. «Ich habs trotzdem geschafft, also schaffe ich das hier auch!»

Herschel Walker wäre Joe Bidens politisches Ende

«Das hier», das ist das womöglich zentralste Rennen bei den diesjährigen Zwischenwahlen («Midterms») in Amerika, bei denen das gesamte Repräsentantenhaus (der Nationalrat der USA) und ein Drittel des Senats (der Ständerat der USA) neu besetzt werden. Beide Kammern sind derzeit in den Händen von Präsident Joe Bidens (79) Demokraten.

Gewinnt Herschel Walker das Senatsrennen in Georgia gegen den demokratischen Pastor Raphael Warnock (53), dann fällt der Senat mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit an die Republikaner. Biden wäre politisch gelähmt. Seiner Partei wären die Hände gebunden. Washington käme zum faktischen Stillstand. Die Republikaner hätten beste Aussichten, bei den Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren zu triumphieren.

Viel steht also auf dem Spiel in der Stichwahl in Georgia. Mehr als 130 Millionen Dollar haben die beiden Parteien bereits in den hiesigen Wahlkampf um den Senatssitz gesteckt. Der ganze Bundesstaat (viermal so gross wie die Schweiz) ist verstellt mit Werbeplakaten der beiden Kandidaten. Ex-Präsident Barack Obama (61) ist extra angereist, um Herschel Walkers Gegner zu unterstützen. Die Prognosen sagen ein extrem knappes Resultat voraus – wie schon bei den Präsidentschaftswahlen 2020. Damals unterlag Trump Biden in Georgia (10,8 Millionen Einwohner) wegen gerade mal 11'000 Stimmen.

Walkers wirrer Affen-Vergleich

Herschel Walker ist erst 2021 ins Politgeschäft eingestiegen – auf die direkte Aufforderung von Donald Trump (76). Der abgewählte Präsident rief Walker zu: «Run, Herschel, Run!» Und Herschel Walker folgte. Das Rezept, mit dem der Neo-Politiker den politischen Touchdown in seinem allerersten Anlauf schaffen will, ist dabei denkbar einfach: Der Ex-Superstar tritt als radikaler Abtreibungsgegner an, der die «christlichen Werte» zurück nach Washington bringen will. Auf dem Parkplatz in Richmond Hill sagt er: «Ich werde nach Washington ziehen – gemeinsam mit Jesus Christus!» Die Halskette mit dem silbernen Erzengel Gabriel trägt er gut sichtbar auf seiner Brust.

So funktionieren die Midterms

Es sieht nicht gut aus für US-Präsident Joe Biden (79). Wie schlecht es um ihn steht, werden die Midterms nächsten Dienstag zeigen. Die Kongresszwischenwahlen in den USA werden auch Halbzeitwahlen genannt, weil sie in der Mitte der Amtszeit des Präsidenten stattfinden. Sie gelten als Stimmungsbarometer und zeigen, wie zufrieden die Bürger mit ihrem Präsidenten sind.

Der Kongress besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Im Repräsentantenhaus werden alle 435 Abgeordneten neu gewählt. Bislang haben die Demokraten in der Kongresskammer eine knappe Mehrheit von acht Stimmen. Umfragen zufolge werden die Demokraten ihre Mehrheit verlieren. Auch um den Senat müssen die Demokraten zittern. Dort werden 35 der 100 Senatoren neu gewählt. Es dürfte ein ganz knappes Rennen werden.

Für Biden steht viel auf dem Spiel. Das Regieren wird für ihn künftig deutlich schwieriger, wenn die oppositionellen Republikaner wie erwartet die Mehrheit im Repräsentantenhaus – und womöglich auch im Senat – gewinnen. Sie könnten Gesetzesvorhaben des Präsidenten noch einfacher blockieren.

Es sieht nicht gut aus für US-Präsident Joe Biden (79). Wie schlecht es um ihn steht, werden die Midterms nächsten Dienstag zeigen. Die Kongresszwischenwahlen in den USA werden auch Halbzeitwahlen genannt, weil sie in der Mitte der Amtszeit des Präsidenten stattfinden. Sie gelten als Stimmungsbarometer und zeigen, wie zufrieden die Bürger mit ihrem Präsidenten sind.

Der Kongress besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Im Repräsentantenhaus werden alle 435 Abgeordneten neu gewählt. Bislang haben die Demokraten in der Kongresskammer eine knappe Mehrheit von acht Stimmen. Umfragen zufolge werden die Demokraten ihre Mehrheit verlieren. Auch um den Senat müssen die Demokraten zittern. Dort werden 35 der 100 Senatoren neu gewählt. Es dürfte ein ganz knappes Rennen werden.

Für Biden steht viel auf dem Spiel. Das Regieren wird für ihn künftig deutlich schwieriger, wenn die oppositionellen Republikaner wie erwartet die Mehrheit im Repräsentantenhaus – und womöglich auch im Senat – gewinnen. Sie könnten Gesetzesvorhaben des Präsidenten noch einfacher blockieren.

Sein Auftritt am Dienstagnachmittag ist eine faszinierend-wirre Mischung aus Autogrammstunde, christlicher Predigt und politischem Stammtischgeplärre. Konkrete Lösungen für die Probleme Amerikas (Inflation: acht Prozent, rekordhohe illegale Migrationszahlen an der Südgrenze) präsentiert er keine. Dafür warnt Walker seine Mitbürger davor, auf die «falschen Versprechungen» der Demokraten reinzufallen. «Die nehmen euch direkt mit in den Lift Richtung Hölle», ruft der 60-jährige.

Dass er selber nicht eben ein Engel ist: stimmt schon. Mindestens zwei Ex-Freundinnen werfen ihm vor, dass er sie gegen ihren Willen zu Abtreibungen gezwungen haben soll. Walker streitet alles ab. Und sowieso: «Wir alle haben eine Geschichte. Aber ich, ich habe mich im Blut von Jesus Christus gewaschen. Gott hat mir vergeben», sagt Herschel Walker. «Wenn ihr mich wählt, dann ziehen wir gemeinsam ins gelobte Land.» Tönt verstörend – doch Walker hat schon dümmere Dinge gesagt. Zum Beispiel das hier: «Die Wissenschaft will uns glauben machen, dass wir von den Affen abstammen. Wenn das wirklich stimmt: Wieso gibt es dann immer noch Affen?»

Herschel Walkers Botschaft an die Blick-Leserinnen und -Leser

Der Anwärter auf eines der mächtigsten Ämter im mächtigsten Land der Welt hat im Laufe des Wahlkampfs gelernt, auf solche Ausflüge auf rhetorisches Glatteis zu verzichten. Auf dem Parkplatz in Richmond Hill bleibt er bei seiner Kernbotschaft: Gott will, dass er antritt. Also tritt er an. Und weil Gott das will, wird er es schaffen.

Keine 20 Minuten spricht Walker zur Menge, dann heisst es: Hände schütteln, in die Kameras lächeln, Selfies schiessen. Auch für den Blick-Reporter nimmt sich «Herschel» 20 Sekunden Zeit. Der Händedruck: fest. Das Lächeln: breit. Die Musik aus den Boxen im Hintergrund: Laut. «Herr Walker, werden Sie als Senator Amerikas harten Kurs gegen Putin unterstützen?», schreie ich Walker ins Ohr. «Liebe Freunde, wenn ich im Senat bin, werde ich die Welt beschützen! Gott ist mit uns», ruft Walker. Am Dienstag entscheidet sich, ob er seinen «heiligen Krieg» gewinnt.

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