605 Tage lang durfte kein Schweizer Tourist in die USA einreisen. Bis heute. Wer geimpft ist, kann zum Weihnachtsshopping nach New York – oder zum Sonnenbaden nach Los Angeles. Etwas weiter südlich, in San Diego, Kalifornien, kann man die Rückkehr der Touristen kaum erwarten.
«Wir haben euch vermisst! Willkommen zurück, Schweiz», sagt Benny Lopez zwischen Surfboards, Flip-Flops und Sonnencreme zu Blick. Er vermietet die Bretter, einen Block von den «besten Wellen der Welt» entfernt. «Ich habe schon ewig keine Akzente mehr gehört, ich freu mich auf Touristen», sagt er.
«Schweizer geben hier gern Geld aus»
Er hofft, dass viele kommen, das Geschäft ankurbeln. «Dieser Sommer war zwar okay, es kamen viele Inlandtouristen, aber an letzten Sommer will ich nicht denken», sagt Lopez. Die Welt wurde von der Krise überrollt, jegliche Einnahmen aus der Tourismusbranche brachen ein. Mehr als ein Drittel der Leute, die in Kalifornien ihren Job verloren, arbeiteten im Reise- und Gastrobereich.
Die Krise ebbt ab, jedoch langsam. So konnten auch die nationalen Besucher, die Kalifornien dringend benötigt, erst spät kommen. Der «Golden State» lockerte seine Corona-Massnahmen deutlich später als andere Bundesstaaten. Gerade in die Schweizer hat Lopez jetzt grosse Hoffnung, denn: «Die geben hier gern Geld aus.»
Amerikaner durften zu uns, wir aber nicht zu ihnen
Doch haben Amerikaner, die nicht auf Tourismuseinnahmen angewiesen sind, überhaupt gemerkt, dass wir nicht da waren? «Nicht wirklich», sagt Augie Parker. Er sitzt im Kofferraum seines Trucks, neben ihm ein Sixpack Bier – und sein Surfboard. «Auf dem Wasser war dieses Jahr auch nicht viel weniger los.»
Aber Parker wusste, dass Europäer noch nicht wieder einreisen konnten. Vor ein paar Wochen war er in Island. Denn die Einreisesperre war seit dem Sommer einseitig. Amerikaner konnten Island bereisen, das Matterhorn erklimmen oder über die Champs-Élysées flanieren, aber die USA blieben für uns geschlossen. Augie Parker sagt: «In Island habe ich viele getroffen, die eigentlich einen USA-Trip geplant hatten. Das war dann ihr Plan B.»
«Schweizer machen nie Probleme»
Wer jetzt in die USA will, braucht keinen Alternativplan. Zwischen Hängematten und Palmen sagt David Tekka: «Ich hoffe, dass die Schweizer Touristen uns einen zweiten Sommer bescheren.» Er steht auf der Terrasse des Hostels, das er managt und blickt auf einen beinahe menschenleeren Strand.
«Wir hatten zwar viele Gäste aus den Staaten, aber ganz ehrlich: Wir bevorzugen internationale Touristen.» Wieso? Tekka grinst, schiebt die Sonnenbrille hoch und sagt: «Die sind entspannter, sie kommen einfach, um eine gute Zeit zu haben. Schweizer machen nie Probleme.»
Stammgast trotzt der Einreisesperre
Ein besonders Hartnäckiger hat es schon vor allen anderen ins Hostel geschafft. «Mein liebster Schweizer ist ein Typ, der jedes Jahr kommt – der Einreisesperre zum Trotz. Er ist über Costa Rica und Mexiko eingereist.» Er habe San Diego zu sehr vermisst. «Die Aktion war ziemlich lässig», sagt Tekka.
Die Alternativeinreise war jederzeit möglich, denn der «Travel Ban», den Donald Trump am 13. März über den Schengenraum verhängte, besagt: Jeder, der «in den letzten 14 Tagen vor seiner Einreise» im Schengen-Raum war, darf nicht rein.
«Ihr habt so eure Eigenarten»
Die Amerikaner haben Schweizer Touristen als entspannt und lässig in Erinnerung. Doch einem fällt noch etwas anderes ein. Dave, der seit 40 Jahren Tag für Tag hinter dem Tresen seines Souvenirshops sitzt, sagt: «Ihr habt so eure Eigenarten.»
Welche? «Schweizer, Deutsche und Finnen kommen mindestens drei Mal in den Laden – um eine Postkarte auszusuchen. Vor der Tür werden kleine Meetings abgehalten, um fachgerecht zu beurteilen, ob es die richtige ist. Das habe ich vermisst.»